Das mietfreie Wohnen bei Allein- oder Miteigentum ist ein Gebrauchsvorteil und damit als Vermögensnutzung dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen, soweit die ersparte Miete die Grundstückskosten übersteigt (BGH FamRZ 1998, 899, 901 m.w.N.). Voraussetzung ist, dass der Beteiligte den Wohnraum als Nießbrauchsberechtigter oder aufgrund eines unentgeltlichen dinglichen oder schuldrechtlichen Wohnrechts bewohnt (BGH FamRZ 2010, 1633).
Übersteigen die unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Kosten den Wohnwert, ist mit einem negativen Wohnwert zu rechnen (BGH FamRZ 2007, 879).
Hinsichtlich der Höhe der Anrechnung ist zu unterscheiden zwischen dem angemessenen und dem objektiven Wohnwert.
aa) Objektiver Wohnwert
Der objektive Wohnwert (Mietwert bei Fremdvermietung, Vermietungswert) bemisst sich nach dem Betrag, der als Miete von einem Dritten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für die konkrete Immobilie erzielt werden kann. Hierbei kommt es auf die Lage der Immobilie, die genaue Größe, Ausstattung und die übrigen mietrelevanten Umstände an, die im gerichtlichen Verfahren konkret dargelegt und – falls sie umstritten sind – bewiesen werden müssen.
Es handelt sich dabei um ein – zu versteuerndes – fiktives Einkommen, das nur dann angerechnet werden kann, wenn dem die Wohnung nutzenden Ehegatten vorzuwerfen ist, er könne und müsse die Wohnung durch Fremdvermietung besser verwerten (Verletzung einer Verwertungsobliegenheit; zum "gemeinsamen Haus" s.u. 3. a).
bb) Angemessener Wohnwert
Demgegenüber bezieht sich der angemessene Wohnwert auf die persönlichen Verhältnisse der Person, die die Wohnung derzeit bewohnt. Basis dieser Bewertung ist eine Wohnung, die nach Größe und Ausstattung seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen angemessen ist (BGH FamRZ 2007, 879, 880 f.).
cc) Bemessung des Wohnwertes während der Trennungszeit
Haben die Eheleute während der Zeit ihres Zusammenlebens ein Haus gebaut oder eine Eigentumswohnung erworben, so diente dies dazu, eine angemessene Wohnung für die gesamte Familie zu schaffen und Mietzahlungen zu sparen. Darin liegt auch eine auf lange Sicht angelegte und von den Eheleuten einvernehmlich geplante Maßnahme der Vermögensbildung, die auch die ehelichen Lebensverhältnisse prägt.
Die Trennung der Eheleute – und der damit verbundene Auszug eines Ehegatten – löst jedoch die gemeinsame Lebensplanung nicht mit sofortiger Wirkung auf. Deshalb kann nicht verlangt werden, dass die Ehewohnung sofort veräußert oder anderweitig durch Vermietung genutzt wird. Während dieser Übergangszeit müssen sich also beide Ehepartner noch an diesen gemeinsamen getroffenen Dispositionen festhalten lassen und können sich nicht einseitig von den damit verbundenen Belastungen lösen. Daher wird nicht der volle Mietwert angerechnet, sondern nur der für den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten angemessene Nutzungsvorteil (BGH, Urt. v. 5.3.2008 – XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963, 965; Urt. v. 18.1.2012 – XII ZR 177/09, FamRZ 2012, 514, BGHZ 154, 247, 254 = FamRZ 2003, 1179, 1182 m.w.N.; Urt. v. 27.5.2009 – XII ZR 78/08; Urt. v. 28.3.2007 – XII ZR 21/05, FamRZ 2007, 879, 880).
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der in der Wohnung verbliebene Ehegatte einen neuen Lebensgefährten aufnimmt. Dann ist der volle objektive Mietwert anzurechnen (OLG Koblenz NJW 2003, 1816; OLG Schleswig FamRZ 2003, 603).
dd) Anrechnung von Tilgungsleistungen
Tilgungsleistungen, die nach der Trennung erbracht werden, sind unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (BGH NJW 2013, 461 = FamRZ 2013, 191 m. Anm. Born = FuR 2013, 161).