Mitte Juni ist die EU-Richtlinie über besondere Verfahrensgarantien für Kinder in Kraft getreten. Sie ist die letzte in einer Reihe von sechs EU-Richtlinien, die bestimmte Verfahrensrechte in der gesamten EU gewährleisten. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass Kinder in Strafverfahren besonders geschützt werden. Die EU verweist darauf, dass in jedem Jahr mehr als 1 Mio. Kinder in der EU mit der Strafjustiz in Berührung kommen. Kinder seien besonders schutzbedürftig und benötigten deshalb besondere Sicherheiten in allen Stadien des Verfahrens. Mit den neuen Vorschriften solle dafür gesorgt sein, dass Kinder von einem Anwalt unterstützt und getrennt von Erwachsenen inhaftiert werden, wenn sie in eine Strafanstalt geschickt werden. Auch die Privatsphäre müsse gewahrt bleiben und Vernehmungen sollen auf Video oder in anderer geeigneter Form aufgezeichnet werden.
Neben diesen neuen Rechten für Kinder gilt bereits seit dem 5.5.2019 auch die Richtlinie über Prozesskostenhilfe. Das Paket von EU-Vorschriften soll sicherstellen, dass die grundlegende Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger auf faire und gleiche Behandlung in Strafverfahren geachtet und in allen Mitgliedstaaten in ähnlicher Weise angewandt werden. Wer verdächtigt oder beschuldigt wird, hat Recht auf Prozesskostenhilfe, falls er über keine ausreichenden Mittel verfügt, um die Kosten des Verfahrens zu bestreiten. Die Entscheidungen über Prozesskostenhilfe müssen zeitnah und mit der gebotenen Sorgfalt getroffen werden; wird ein Antrag ganz oder teilweise abgelehnt, so sind die Betroffenen schriftlich zu informieren.
Diese neuen Rechte ergänzen andere, in der EU bereits geltende Rechte:
- Recht auf die Unschuldsvermutung und auf Anwesenheit in der Verhandlung: Das Konzept der Unschuldsvermutung gilt bereits in allen EU-Mitgliedstaaten; die EU-Vorschriften stellen sicher, dass dieses Recht EU-weit gleichermaßen angewandt wird. In den Vorschriften wird klargestellt, dass nicht der Beschuldigte seine Unschuld beweisen muss, sondern dass die Strafverfolgungsbehörde die Beweislast für die Feststellung der Schuld trägt.
- Recht auf einen Anwalt: Wenn eine Person – ganz gleich, wo in der EU – verdächtigt oder beschuldigt wird, hat sie Anspruch auf Beratung durch einen Rechtsanwalt. Dieses Recht auf einen Anwalt besteht auch bei Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls sowohl in dem Mitgliedstaat, der ihn vollstreckt, als auch in dem Mitgliedstaat, der ihn ausgestellt hat.
- Recht auf Belehrung und Unterrichtung: Jede Person muss unverzüglich über strafbare Handlungen, deren sie verdächtigt oder beschuldigt wird, informiert werden. Sie muss zudem unverzüglich mündlich oder schriftlich über ihre Rechte in Strafverfahren unterrichtet werden und Einsicht in die Verfahrensakte erhalten.
- Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzung: Bei jeder polizeilichen Vernehmung, allen gerichtlichen Anhörungen und zwischenzeitlich erforderlichen Anhörungen sowie bei wichtigen Treffen mit dem Anwalt muss unentgeltlich gedolmetscht werden.
[Quelle: EU-Kommission]