Die Entscheidung des BVerfG (Kammerbeschl. v. 9.7.2020 – 1 BvR 1571/19, zfs 2020, 708 m. Anm. Hansens, a.a.O., S. 709) betrifft die Entscheidung eines LSG zur Prozesskostenhilfe (PKH). Ebenso wie im Sozialgerichtsprozess (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG) verweist § 1a Abs. 1 ArbGG für die Gewährung von PKH auf die Vorschriften der ZPO. Der Beschluss des BVerfG ist demnach gleichermaßen im Arbeitsrecht zu beachten.
Der Beschwerdeführer hatte beim zuständigen SG erfolgreich einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Der hiergegen von der Gegenseite eingelegten Beschwerde hat das LSG abgeholfen, jedoch dem Antragsteller die beantragte PKH für das Beschwerdeverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht gem. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO versagt. Auf die Norm des § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO, wonach bei der Bewilligung von PKH in einem höheren Rechtszug nicht zu prüfen ist, ob die Rechtsverfolgung/Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat, ging das Gericht gar nicht ein.
Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Soweit der PKH-Antrag abgelehnt wurde, ist der Beschwerdeführer in der von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4. 1 GG grundrechtlich geschützten Rechtsschutzgleichheit verletzt. Das Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist zwar verfassungsrechtlich grds. unbedenklich, die Gewährung von PKH davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint, wobei den Fachgerichten ein Entscheidungsspielraum bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt ist. Hier hat das LSG, so das BVerfG, seinen Entscheidungsspielraum zulasten des Beschwerdeführers offensichtlich überschritten.
Gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO erfolgt die PKH-Bewilligung für jeden Rechtszug besonders. S. 2 der Vorschrift regelt, dass in einem höheren Rechtszug nicht zu prüfen ist, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Das LSG hat diese offensichtlich einschlägige Norm nicht angewandt. Zwar ist auch verfassungsrechtlich nicht völlig ausgeschlossen, eine von § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO abweichende Entscheidung zu treffen. Jedoch muss diese zur Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen besonders begründet werden (s. bereits den Senatsbeschluss vom 5.11.1985 – 2 BvR 1434/83, NJW 1987, 1619). Hieran fehlt es vorliegend. Demgemäß hob das BVerfG den angefochtenen PKH-Beschluss auf und verwies an das LSG zurück.