Hinsichtlich der Klärung der Versicherungspflicht in allen Bereichen der Sozialversicherung – sei es durch Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV, dessen Vorteile ergeben sich u.a. aus Abs. 6 und 7 der Vorschrift, oder im Rahmen von Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger nach § 28p SGB IV – ist auf § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV abzustellen, und zwar auf die Beschäftigung in nichtselbstständiger Arbeit, insb. in einem Arbeitsverhältnis.
Während die Vorstände von Aktiengesellschaften von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung generell ausgeschlossen sind (§ 1 S. 3 SGB VI, § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III) und faktisch regelmäßig auch in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), hat sich die Rechtsprechung häufig mit dem sozialversicherungsrechtlichen Status von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern zu befassen: Sind GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich hieraus für sie ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Entscheidend ist, ob die Kapitalbeteiligung Rechtsmacht dazu verleiht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Diese ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über eine Kapitalbeteiligung in dieser Höhe verfügt, ist grds. abhängig beschäftigt, und ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er
- exakt 50 % der Anteile am Stammkapital hält, oder ihm
- bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende „echte” oder „qualifizierte”, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist (eine „unechte”, auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität, ist nicht ausreichend).
Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer notwendige Rechtsmacht, die in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder zumindest nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer und einem Dritten sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen (s. insoweit etwa BSG, Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R u. B 12 R 2/14 R). Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Diese Grundsätze werden nicht berufsrechtlich überlagert: Allein aus der Zuordnung der Tätigkeit zu einem freien Beruf lässt sich keine normative Wirkung in dem Sinne ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grds. einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen (s. für die Tätigkeit eines Steuerberaters: BSG, Urt. v. 7.7.2020 – B 12 R 17/18 R).
Die vorstehenden Grundsätze gelten, wie das BSG in zwei Entscheidungen vom 12.5.2020 (B 12 R5/18 R und B 12 R 11/19 R, ebenso bereits BSG, Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R, mit Anm. Becker, jurisPR-SozR 25/20 Anm. 2 und Anm. Weiss-Bölz NZS 2021, 139, 143 ff) entschieden hat, auch im Hinblick auf (selbst notariell beurkundete) Treuhandverträge, die keine gesellschaftsrechtliche, sondern nur eine schuldrechtliche Wirkung entfalten. Ist ein Alleingesellschafter oder Mehrheitsgesellschafter Treuhänder, ist er als Inhaber aller mit dem Gesellschaftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten anzusehen. Insbesondere steht das Stimmrecht grds. ihm allein zu und nicht den Treugebern. Diese sind vielmehr stets auf die Wahrnehmung dieser Rechte durch die Treuhänder angewiesen. Auch Weisungsrechte aus dem Treuhandvertrag haben nur schuldrechtliche und keine unmittelbar gesellschaftsrechtliche Wirkung. Weisungswidriges Abstimmungsverhalten in der Gesellschafterversammlung oder durch den Alleingesellschafter führt grds. nicht zur Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse, sondern zu einer Schadensersatzpflicht des Treuhänders im Verhältnis zum Treugeber. Das Gericht nimmt somit abhängige Beschäftigung an.
Entsprechend hat das BSG am 7.7.2020 (B 12 R 17/18 R) in dem Fall eines notariell beurkundeten Stimmrechtspools (i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG als Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts) entschieden, durch den der Kläger als Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter sowie sein Vater, der ebenfalls Gesellschafter-Geschäftsführer war, vereinbarten, dass die Mitglieder des Pools verpflichtet seien, ihr Stimmrecht gegen nicht gebundene Gesellschafter nach interner Beschlussfassung einheitlich durch den Kläger auszuüben. Diese lediglich schuldrechtliche Vereinbarung sei jederzeit aus wichtigem Grund ...