Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe müssen Parteien auf Verlangen des Gerichts nach § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO jederzeit erklären, ob eine Veränderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Sie müssen hierzu gem. § 120a Abs. 4 ZPO das gem. § 117 Abs. 3 ZPO eingeführte Formular benutzen. Wird die geforderte Erklärung absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit nicht fristgerecht abgegeben, kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO aufheben.
Im vorliegenden Fall hatte der Kläger innerhalb der ihm gesetzten Frist auf die Anfrage des Arbeitsgerichts nicht reagiert. Dieses hat daraufhin die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Das LAG hat die sofortige Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer mit der Einlegung des Rechtsmittels seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage der geschuldeten Erklärung darlegte – die belegten, dass die Bewilligungsvoraussetzungen weiterhin bestanden –, zurückgewiesen, zunächst ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Das BAG hatte hingegen bereits am 18.11.2003 (NZA 2004, 1062) entschieden, es könne auch noch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden, dass die Bewilligungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen, unerheblich sei, ob die Partei die nicht fristgerechte Abgabe der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verschuldet hat. Auf Verfassungsbeschwerde des Klägers hin hat das BVerfG am 20.2.2020 (1 BvR 427/19) diesen Beschluss des LAG wegen Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Die Nichtzulassung einer Rechtsbeschwerde trotz Divergenz zur Entscheidung des BAG vom 18.11.2003 sei, so das BVerfG, mit dem Gebot effektiven Rechtsschutz nicht zu vereinbaren gewesen.
Daraufhin hat das LAG die Beschwerde des Klägers erneut zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese war erfolgreich (BAG, Beschl. v. 8.12.2020 – 9 AZB 59/20, NJW 2021, 411).
Das BAG verweist zunächst auf seinen Beschluss vom 18.11.2003 zu § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. und führt in Rn 7 der Entscheidungsgründe aus, dass sich die Rechtslage insoweit seitdem nicht wesentlich geändert hat. Zur Begründung der aktuellen Entscheidung fasst das Gericht zusammen: Nach § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO kann die Beschwerde auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Die Beschwerdeinstanz ist damit eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Zwar kann das Gericht, ebenso wie das Beschwerdegericht, eine Frist für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln setzen und deren Zulassung ggf. ablehnen, § 571 Abs. 3 ZPO. Das ist im Streitfall aber nicht geschehen.
Der Kläger hat bereits mit Einlegung der Beschwerde den erforderlichen Nachweis dafür erbracht, dass die Voraussetzungen für die Weitergewährung von Prozesskostenhilfe weiter vorliegen. § 118 Abs. 2 S 4 ZPO schließt die Anwendung von § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht aus. Mangels entsprechender gesetzlicher Regelung sind die in § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO gesetzten Fristen keine Ausschlussfristen. Vielmehr handele es sich hierbei um die Einräumung von Erklärungsfristen. Ein endgültiger Rechtsverlust sei mit der Versäumung der Fristen nicht verbunden. § 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO sanktioniert, dass die Partei eine Erklärung nach § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO nicht oder ungenügend abgegeben hat, nicht hingegen eine nicht fristgerechte Abgabe einer ansonsten ordnungsgemäßen Erklärung. Dementsprechend tritt die Sanktionswirkung des § 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nur ein, wenn die Partei ihr Versäumnis auch im Beschwerdeverfahren nicht behebt. Abgesehen von der – hier nicht einschlägigen – Vorschrift des § 571 Abs. 3 ZPO muss ein verspätetes Vorbringen nicht entschuldigt werden. Unerheblich ist daher für die Beurteilung der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung im Beschwerdeverfahren, ob die Partei zuvor die Fristversäumung verschuldet hat.
Hinweise:
Im Prozesskostenhilfeverfahren gibt es stets eine zweite Chance! Nach der vorstehenden Entscheidung läuft die Norm des § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO und die darin liegende Präklusion leer, wenn die erforderlichen Tatsachen oder Nachweise im Beschwerdeverfahren als neuer Vortrag vorgetragen werden.
Vorsicht! Im Beschwerdeverfahren selbst gibt es nur eine Chance. § 571 Abs. 3 S. 1 ZPO lässt die Fristsetzung durch den Vorsitzenden im Beschwerdeverfahren zu. Wird die Frist nicht eingehalten, bedarf es eines rechtfertigenden Grundes für die Verspätung, sonst kann der neue Tatsachenvortrag nicht berücksichtigt werden, er ist präkludiert.