Es gibt Fallkonstellationen, in denen die Eltern oder der Vormund den Minderjährigen nicht wirksam vertreten dürfen. Dies betrifft diejenigen Fälle, in denen eine Interessenkollision gegeben ist. Für Eltern ergibt sich das aus § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB, welcher auf § 1824 BGB verweist. Dieser wiederum enthält einen Katalog von abstrakten Fällen, in denen die gesetzliche Vertretungsmacht ausgeschlossen wird (Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Pawlytta, § 42 Rn 4).
Über § 1824 Abs. 2 BGB kommt § 181 BGB zur Anwendung. Danach sind sog. Insichgeschäfte verboten. Allerdings liegt kein Insichgeschäft vor, wenn der gesetzliche Vertreter sowohl für sich selbst als auch im Namen des Vertretenen bzw. mehrerer Vertretener handelt, daher auf derselben Seite des Rechtsgeschäfts steht (BGH, Urt. v. 23.2.1968 – V ZR 188/64, BGHZ 50, 8). Eine Ausnahme gilt auch dann, wenn das Rechtsgeschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist oder der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient.
Der Entzug des gesetzlichen Vertretungsrechts bei konkreten Interessenkonflikten kann nicht Gegenstand abstrakter Regelungen sein und unterliegt deswegen familiengerichtlicher Würdigung (§§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1789 Abs. 2 BGB; MüKo-BGB/Huber, § 1629 Rn 43). Voraussetzung für den Entzug der Vertretungsmacht in diesen Fällen ist das Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes. Dieser ist gegeben, wenn die Förderung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen erfolgen kann und die Gefahr besteht, dass die sorgeberechtigten Eltern das Kindesinteresse nicht genügend berücksichtigen werden (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 2.7.2013 – 6 WF 104/13, FamRZ 2014, 678). Es genügt allerdings nicht die bloße Möglichkeit eines Interessenkonflikts. Dieser muss vielmehr konkret festgestellt werden (BGH, Beschl. v. 12.2.2014 – XII ZB 592/12, NJW-RR 2014, 900).
Ein Vertretungsverbot für einen Elternteil nach § 1629 Abs. 2 BGB führte bisher nach h.M. dazu, dass auch der andere Elternteil nicht zur Vertretung berechtigt war und zwar unabhängig davon, ob die Eltern miteinander verheiratet/verpartnert waren oder nicht (BGH, Urt. v. 14.6.1972 – IV ZR 53/71, NJW 1972, 1708; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.11.2012 – 13 UF 128/12, FamRZ 2013, 1671; OLG Hamm, Urt. v. 13.1.1993 – 15 W 216/92, FamRZ 1993, 1122). Der Ausschluss ergab sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut des § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., wurde aber aus einer teleologischen Auslegung der Norm gefolgert. Die Kindesinteressen seien aufgrund von Interessenkollisionen bei den Eltern weiterhin gefährdet, wenn der Ehegatte/Lebenspartner des ausgeschlossenen Elternteils für das Kind handle (BGH, Urt. v. 14.6.1972 – IV ZR 53/71, NJW 1972, 1708).
Der BGH hat sich von dieser Auffassung nunmehr in einer Entscheidung zum Vaterschaftsanfechtungsverfahren distanziert (BGH, Beschl. v. 24.3.2021 – XII ZB 364/19, BGHZ 229, 239). Er vertritt nun die Auffassung, dass der Vertretungsausschluss eines Elternteils nach § 181 BGB oder § 1629 Abs. 2 BGB a.F., § 1795 Abs. 1 BGB a.F. sich nicht auf den anderen, nicht mit dem betroffenen Elternteil verheirateten und selbst nicht betroffenen Elternteil erstreckt. Der BGH begründet dies damit, dass sich bereits aus dem Wortlaut des § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. keine eindeutige Erstreckung des Vertretungsausschlusses auf den anderen, nicht selbst betroffenen und nicht mit dem betroffenen Elternteil verheirateten ergäbe. In der Literatur herrscht noch Uneinigkeit darüber, ob die Entscheidung die Rechtslage für verheiratete Eltern unberührt lässt (vgl. Felix, NZFam 2024, 385; Löhnig, NJW 2021, 1880) oder die Entscheidung dahingehend zu verstehen ist, dass es allein auf den Wortlaut der Ausschlussvorschriften ankommt (Beck-OGK/Amend-Traut/Bongartz, § 1629 BGB Rn 47; MüKo-BGB/Huber, § 1629 Rn 44). Das Abstellen auf den Wortlaut der Ausschlusstatbestände kann infolge dazu führen, dass der Ausschluss der Vertretungsmacht auch bei verheirateten Eltern nur denjenigen Teil betrifft, der unter den betreffenden Ausschlusstatbestand fällt. Für den Vormund ergibt sich der Vertretungsausschluss bei Vorliegen eines Interessenkonfliktes aus §§ 1789 Abs. 2 S. 2, 1824 BGB, §§ 1789 Abs. 2 S. 2 und S. 4, 1824 Abs. 2, 181 BGB.
Bei Vorliegen eines Vertretungsverbots für die Eltern oder den Vormund ist nach § 1809 Abs. 1 S. 1 BGB eine Ergänzungspflegschaft einzurichten. Die Eltern oder der Vormund sind nach § 1809 Abs. 2 BGB sogar verpflichtet, gegenüber dem Familiengericht das Erfordernis einer Pflegschaft zur Anzeige zu bringen.
Der Ergänzungspfleger wird i.d.R. vom Familiengericht ausgesucht und bestellt. Hat hingegen gem. § 1638 BGB ein Schenker oder Erblasser bei der Zuwendung bzw. mittels letztwilliger Verfügung angeordnet, dass die Eltern bzw. der Vormund des Minderjährigen das erworbene Vermögen nicht verwalten dürfen und hat der Schenker oder Erblasser die Person des Zuwendungspflegers nach § 1811 Abs. 2 Nr. 1 BGB benannt, hat das Familiengericht diesen zu berufen, sofern kein Fall des § 1783 BGB vorliegt.