Auch beim Abschluss von Rechtsdienstleistungsverträgen im Fernabsatz sind die Informationspflichten gem. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu berücksichtigen (zum anwaltlichen Mandatsvertrag s. Holling, ZAP 2023, 869 sowie Burhoff, ZAP 2024, 167 – kein Widerruf eines mehrstufigen Anwaltsvertrags).
1. Informationen gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB
Bei Rechtsdienstleistungsverträgen werden nur wenige der dort in den Ziffern 1–19 aufgeführten Positionen relevant sein. Diese lassen sich dann auf einer die Tätigkeitsfelder beschreibenden Webseite (z.B. Nr. 1 – wesentliche Eigenschaften der Dienstleistung) oder im Impressum (z.B. Nr. 2, 3 – Identität, Kommunikationsdaten) unterbringen.
2. Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular
Dem Verbraucher steht bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 355 ff. BGB) zu. Gemäß § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB hat der Unternehmer den Verbraucher zu informieren über die Bedingungen, insbesondere das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, die Rechtsfolgen des Widerrufs (amtliches Muster s. Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB) sowie über das Muster-Widerrufsformular (Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB).
3. Form der Informationserteilungen
Grundsätzlich sind fernabsatzrechtliche Informationen in Textform und „in klarer und verständlicher Weise” zu erteilen (Art. 246a § 4 Abs. 1, 3 EGBGB). Zu den erleichterten Informationspflichten bei begrenzter Darstellung s. Art. 246a § 3 EGBGB.
4. Zeitpunkt für die Erfüllung der Informationspflichten
Die Informationen sind dem Verbraucher gem. Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB „vor Abgabe von dessen Vertragserklärung” zur Verfügung zu stellen. Je nachdem, wie der Unternehmer den Verlauf des Vertragsabschlusses (Angebot und Annahme) gestaltet, kann der Zeitpunkt unterschiedlich gewählt werden.
a) |
Gibt der Verbraucher ein Angebot ab, so müssen ihm die Informationen zuvor erteilt worden sein. Falls z.B. der Rechtsdienstleister ein Inkassoauftragsformular einsetzt, in dem alle notwendigen Vertragsdetails einschließlich Angaben zu der zu übergebenden Forderung enthalten sind und er ankündigt, dem Mandanten eine Auftragsbestätigung (Annahmeerklärung) anschließend zukommen zu lassen, muss er die fernabsatzrechtlichen Informationen auf der Webseite vorhalten, über die das Auftragsformular heruntergeladen bzw. online ausgefüllt werden kann. Ferner hat er dem Auftraggeber die Informationen mit der Auftragsbestätigung zeitnah nach Vertragsabschluss in Textform zu übermitteln. |
b) |
Soll der Verbraucher den Unternehmer auffordern, ihm ein Angebot zukommen zu lassen, hat der Unternehmer die Möglichkeit, die fernabsatzrechtlichen Informationen zusammen mit seinem Angebot zu übermitteln. Damit lägen sie dann im Zeitpunkt der Vertragserklärung des Verbrauchers (Annahme des Angebots) vor. Selbstverständlich können sie auch früher, z.B. bereits auf der Webseite, die den Verbraucher einlädt, ein Angebot anzufordern, erteilt werden und bei Vertragsabschluss in Textform nachgeliefert werden. |
c) |
Soweit der Rechtsdienstleister kein Auftragsformular, sondern nur Fernkommunikationsmittel, z.B. E-Mail oder ein einfaches Kontaktformular, einsetzt, ist kein System erkennbar, mittels dessen der Rechtsdienstleister ein Angebot des Rechtsuchenden zu erwarten hätte. Insofern wird er ggf. mit Aufforderungen des Rechtsuchenden zur Abgabe eines Angebots rechnen können, aber eher lediglich mit Anrufen oder individueller E-Mail-Korrespondenz zur Klärung des Anliegens des Rechtsuchenden. Entweder lagen dann die Informationen schon auf der Webseite vor oder der Rechtsdienstleister muss sie dem Rechtsuchenden senden, bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt. |
5. Widerrufsfrist
Nur die fehlerfreie Erteilung der Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars setzt den Lauf der Widerrufsfrist in Gang. Diese beginnt erst mit der ordnungsgemäßen Übermittlung in Textform (§ 356 Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 1 u. 3 EGBGB). Bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung erlischt das Widerrufsrecht erst nach 12 Monaten und 14 Tagen (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB).
6. Wertersatz
Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung steht dem Unternehmer keinerlei Wertersatz für erbrachte Leistungen zu, selbst wenn das Ergebnis ungerecht erscheint oder dem Mandanten das Ausnutzen der Situation unterstellt werden kann (Umkehrschluss aus § 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB; EuGH, Urt. v. 17.5.2023 – CâEUR‘97/22).