Die Parteien stritten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Nach Abweisung der Klage in erster Instanz hat das LAG durch Urt. v. 15.3.2023 die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 14.8.2023 zugestellt. Die Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin wurde durch den Vorsitzenden ersetzt, weil jene wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert gewesen sei. Mit ihrer sofortigen Beschwerde begehrte die Klägerin die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das LAG und bestritt das Vorliegen einer Verhinderung der ehrenamtlichen Richterin i.S.v. § 315 Abs. 1 S. 2 ZPO, ohne dies weiter darzulegen. Die Beschwerde blieb erfolglos, BAG, Beschl. v. 26.10.2023 – 8 AZB 18/23, NZA 2023, 1551 = NJW 2024, 3807, hierzu Düwell, juris-PR ArbR 2/2024 Anm. 2.
Nach § 72b Abs. 1 S. 1 ArbGG kann das Endurteil eines LAG durch sofortige Beschwerde angefochten werden, wenn es nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Nach S. 2 der Vorschrift ist die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a ArbGG in diesem Fall nicht statthaft.
Hinweis:
Hat das LAG die Revision zugelassen, besteht im Fall eines verspätet abgesetzten Urteils für die Beschwerdepartei ein Wahlrecht. Vorsorglich kann die Beschwerdepartei auch zweigleisig verfahren – dann prüft das BAG vorrangig die sofortige Beschwerde nach § 72b ArbGG – und kann später eines der beiden Rechtsmittel für erledigt erklären, BAG, Beschl. v. 2.1.2018 – 6 AZR 235/17, NZA 2018, 325, Rn 15; s. ferner HelmlPessinger/Pessinger ArbGG, § 72b Rn 5 ff., dort auch zur Problematik der Fertigung einer Revisionsbegründung bei einem nicht abgesetzten LAG-Urteil.
Die sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils ist gem. § 72b Abs. 2 S. 1 ArbGG zu begründen, was nach Abs. 3 der Vorschrift nur damit geschehen kann, dass das Urteil des LAG mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Die Begründung erfordert entsprechenden Tatsachenvortrag. Wird das Rechtsmittel, wie hier, darauf gestützt, dass die Unterschrift eines Richters mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 315 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht durch einen Verhinderungsvermerk hätte ersetzt werden dürfen und die Fünfmonatsfrist deswegen versäumt ist, ist dies im Rahmen der zur Verfügung stehenden, notwendig begrenzten Mittel substantiiert darzustellen, s. bereits BAG, Beschl. v. 3.3.2010 – 4 AZB 23/09, NJW 2010, 2300 Rn 8. Entsprechender Sachvortrag kann auf der Grundlage von Akteneinsicht oder einer Anfrage bei der Geschäftsstelle des LAG erbracht werden, Helml/Pessinger/Pessinger, ArbGG, § 72b Rn 12. Auch die Einholung einer amtlichen Auskunft des Präsidenten des LAG kommt in Betracht. Erforderlich ist zumindest die Darlegung eines Versuchs der Aufklärung des gerichtsinternen Vorgangs. Die Äußerung einer bloßen Vermutung reicht hingegen nicht aus. Diese Voraussetzungen gelten für alle Begründungsansätze, die im Rahmen einer sofortigen Beschwerde nach § 72b ArbGG möglich sind.
Vorliegend fehlte es an einer hinreichenden Darlegung. Die Unterschrift wurde durch einen Verhinderungsvermerk rechtzeitig ersetzt. Die Beschwerdebegründung legt weder das Fehlen eines Verhinderungsgrundes noch entsprechende Ausrufklärungsbemühungen dar. Sie stellt den zeitlichen Ablauf lediglich bezogen auf die Verkündung und die Zustellung des Urteils dar und bestreitet allein deshalb das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ersetzung der Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin, was, so das BAG, nicht ausreichend ist.