Ausgangspunkt ist die gesetzliche Verpflichtung für bestimmte Arbeitgeber, einen Betriebsbeauftragten für Abfall zu bestellen (§ 59 Abs. 1 KrWG). Der bestellte Abfallbeauftragte genießt doppelten gesetzlichen Sonderkündigungsschutz: (1) Während der Amtszeit: Ausschluss der ordentlichen Kündigung, nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist zulässig. (2) Nachwirkender Kündigungsschutz: Nach Abberufung kann für die Dauer eines Jahres nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 60 Abs. 3 S. 1 KrWG i.V.m. § 58 Abs. 2 BImSchG). Die Ordnungsmäßigkeit der Abberufung entscheidet nun mittelbar über den Fortbestand und die Dauer des Sonderkündigungsschutzes.
Das BAG (Urt. v. 18.10.2023 – 5 AZR 68/23, NZA 2024, 124 m. Anm Range-Ditz, ArbRB 2024, 99; Spilger, jurisPR-ArbR 4/2024 Anm. 4; Bergwitz, DB 2024, 871) hatte sich erstmals mit der Abberufung eines Klägers als Betriebsbeauftragter für Abfall zum 31.3.2017 zu befassen. Hilfsweise hat sich der Kläger gegen die ihm anschließend mit Schreiben v. 20.6.2018 ab dem 1.7.2018 zugewiesenen Tätigkeiten gewandt. Der Kläger war seit dem 15.12.1993 bei der Beklagten beschäftigt, einem selbstständigen Kommunalunternehmen der bayrischen (richtig fränkischen) Stadt N. Nach dem Arbeitsvertrag v. 15.12.1993 wurde er als „Angestellter” eingestellt und in Vergütungsgruppe II BAT eingruppiert (nun EG 13 TVöD-K). Zuletzt finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser (TVöD-K) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Zum 7.3.1994 bestellte die Beklagte den Kläger zum Betriebsbeauftragten für Abfall. Diese Bestellung nahm sie mit Wirkung zum 1.1.1998 nochmals vor. Mit Schreiben v. 31.3.2017 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers und bestellte zum 1.4.2017 einen externen Abfallbeauftragten. In der Folge verhandelten die Parteien über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. den zukünftigen Inhalt der Tätigkeit des Klägers. Mit Schreiben v. 20.6.2018 wies die Beklagte dem Kläger mit Wirkung zum 1.7.2018 eine Stelle als Sachbearbeiter mit Sonderaufgaben im Projektmanagement der Themenfelder Medizintechnik zu. Der Kläger verfolgt mit seiner am 29.8.2019 beim ArbG eingegangenen Klage die Unwirksamkeit der Abberufung als Abfallbeauftragter. Sie verstoße gegen das Benachteiligungsverbot und sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Der Fünfte Senat hat entschieden: Wird ein Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis unter Erweiterung seines Arbeitsvertrags um die mit diesem Amt verbundenen Aufgaben zum Abfallbeauftragten bestellt, unterliegt seine nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz einseitig mögliche Abberufung, mit der der Arbeitgeber auch die Anpassung des Vertrags rückgängig machen will, einer gerichtlichen Überprüfung nach § 315 BGB.
„Bestellung” i.S.v. § 60 Abs. 3 KrWG i.V.m. § 55 Abs. 1 S. 1 BImSchG ist die konkrete Zuweisung der Aufgaben eines Abfallbeauftragten i.S.v. § 59 KrWG im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses. Die Bestellung erzeugt für den Beauftragten keine Pflichten gegenüber der Überwachungsbehörde, sondern nur im Verhältnis zum Anlagenbetreiber. Es handelt sich daher um eine rein privatrechtliche Willenserklärung. Da die Bestellung nicht gegen den Willen des Beauftragten erfolgen kann, bedarf sie seiner Zustimmung.
Das Gesetz trifft keine Regelung der Abberufung. Dies zeigt auch der Vergleich mit der Kündigung eines Immissionsschutzbeauftragten nach § 58 Abs. 2 S. 1 BImSchG, der einem Sonderkündigungsschutz unterliegt. Auch der Datenschutzbeauftragte verfügt nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG über einen solchen Im Umkehrschluss ergibt sich, dass ein Sonderkündigungsschutz nicht besteht. Sowohl das Kreislaufwirtschaftsgesetz als auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz enthalten ausdrücklich keine Regelungen zur Abberufung der Abfall- und Immissionsschutzbeauftragten. Beide Gesetze erkennen jedoch eine besondere Schutzbedürftigkeit dieser Personen an, indem sie Bestimmungen zum nachwirkenden Kündigungsschutz und zum Benachteiligungsverbot treffen. Letzteres deutet bereits darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht von einer „freien” Abberufungsentscheidung ausgegangen und die Abberufungsentscheidung des Arbeitgebers einer Überprüfung am Maßstab des § 315 BGB zu unterziehen ist. Diese Bestimmung ist entsprechend heranzuziehen, wenn ein Gesetz einem Beteiligten ein nicht näher konkretisiertes Bestimmungsrecht zuweist und der Vertragspartner, der der Bestimmung durch den Anderen unterworfen wird, eines Schutzes gegen willkürliche Vertragsgestaltung bedarf.
Hinweise:
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Die Verletzung der in § 60 Abs. 3 KrWG i.V.m. § 55 Abs. 1a S. 2 BImSchG vorgesehenen Verpflichtung zur Unterrichtung des Personalrats bei der Abberufung des Abfallbeauftragten führt nicht zu deren Unwirksamkeit. Entsprechendes gilt auch für einen Verstoß des Arbeitgebers gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige der Abberufung bei der zuständigen Behörde nach § 60 Abs. 3 KrWG i... |