Nach § 109 Abs. 2 S. 3 GewO kann der Arbeitnehmer verlangen, dass sich die Angaben im Zeugnis auch auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken (qualifiziertes Zeugnis). Allerdings begründet diese Vorschrift keinen Anspruch auf ein "gutes" oder "sehr gutes" Zeugnis, sondern nur auf ein "leistungsgerechtes" Zeugnis. Das BAG ist bereits in früherer Rechtsprechung (14.10.2003 – NJW 2004, 2770) davon ausgegangen, Arbeitnehmer, die eine überdurchschnittliche Beurteilung im Zeugnis anstreben, müssten entsprechende Leistung vortragen und ggf. beweisen.
Überdurchschnittliche Leistungen liegen vor, wenn sie der Schulnote "gut" oder "sehr gut" entsprechen. "Gut" im Sinne der Zufriedenheitsskala ist ein Arbeitnehmer nur dann, wenn ihm bescheinigt wird, er habe "stets", "immer" oder "durchgehend" zur vollen Zufriedenheit des Arbeitgebers gearbeitet. Wird ihm bescheinigt, er habe "zur vollen Zufriedenheit" oder "stets zur Zufriedenheit" des Arbeitgebers gearbeitet, wird das der Note "befriedigend" zugerechnet.
Das BAG hat durch Urteil vom 18.11.2014 (9 AZR 584/13, NZA 15/435) diese Grundsätze zunächst bestätigt und weiter entschieden, welche Schulnoten in den Zeugnissen einer Branche am häufigsten anzutreffen sind, sei ohne unmittelbaren Einfluss auf die oben dargestellte Darlegungs- und Beweislast. Das Berufungsgericht hatte Studien herangezogen, die bestätigen sollten, dass in dem Bereich Gesundheit/Pflege, in dem die Klägerin tätig war, überwiegend gute oder sehr gute Endnoten vergeben wurden. Es hatte daraus abgeleitet, es bestehe entsprechend dieser verbreiteten Praxis ein Anspruch auf Leistungsbewertung mit der Note "gut" (stets zu unserer vollen Zufriedenheit), während der Arbeitgeber nur ein "zur vollen Zufriedenheit" attestieren wollte. Das BAG ließ offen, ob diese von der Vorinstanz ermittelten Ergebnisse repräsentativ sind. Selbst dann müsse ein Arbeitnehmer, wenn er eine bessere Schlussbeurteilung als "zur vollen Zufriedenheit" beansprucht, im Zeugnisrechtsstreit entsprechend bessere Leistungen vortragen und ggf. beweisen. Etwaige hiervon abweichende Usancen in einer Branche änderten an diesen rechtlichen Gegebenheiten nichts. Zu beachten sei, so das BAG: Das vom Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 S. 3 GewO auszustellende qualifizierte Zeugnis müsse in erster Linie wahr sein und nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend.
Da das Berufungsgericht – aus seiner Sicht konsequent – nicht geprüft hatte, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die eine Beurteilung mit "stets zur vollen Zufriedenheit" rechtfertigen, wurde der Rechtsstreit zurückverwiesen.
Hinweis:
Nach der Rechtsprechung des BAG gehören Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers in einer Schlussformel (z.B. Dank für die Zusammenarbeit) nicht zum erforderlichen Inhalt eines Arbeitszeugnisses; sie können vom Arbeitnehmer demnach nicht beansprucht werden, auch nicht in Form einer Umformulierung (BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11, NZA 2013, 324).