Tarifvertragliche auflösende Bedingungen des Arbeitsverhältnisses (Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG/Auslegung des § 33 TV-L)
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Bewilligung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente. Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 11.10.2004 als Lehrerin zu 50 % einer Vollzeitkraft (12,5 von 25 Unterrichtsstunden in der Woche) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der für das Land Baden-Württemberg jeweils geltenden Fassung. Anwendbar ist damit § 33 TV-L, der für den Fall des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente nach näherer Maßgabe der Vorschrift eine auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses vorsieht.
Der BAG entscheidet zunächst, dass die Bedingungskontrollklage inicht schon deshalb begründet ist, weil bei der Befristungsabrede das Schriftformerfordernis der §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG nicht gewahrt wurde (BAG 23.7.2014 – 7 AZR 771/12, NZA 2014, 1341). § 14 Abs. 4 TzBfG findet keine Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis einem einschlägigen Tarifvertrag unterfällt, der eine Befristung oder eine auflösende Bedingung vorsieht. Ebenso hat das Gericht für Betriebsvereinbarungen entschieden (BAG, Urt. v. 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, Rn. 30).
Die Entscheidung des BAG befasst sich ferner mit der Vorschrift des § 33 TV-L. Nach Abs. 2 S. 1 dieser Norm endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers zugestellt wird, wonach volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Nach § 33 Abs. 3 TV-L endet bzw. ruht im Fall teilweiser Erwerbsminderung das Arbeitsverhältnis nicht, wenn die Beschäftigten nach ihrem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihren bisherigen oder einem anderen geeigneten freien Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden könnten, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entegenstehen und die Beschäftigten innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids ihre Weiterbeschäftigung schriftlich beantragen. § 33 Abs. 4 TV-L lautet:
Zitat
Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag, so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 33 Abs. 5 S. 2 des TV-L bestimmten Ärztin/Arztes. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt geworden ist.
Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Sie sind dazu nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit ggf. geltungserhaltend auszulegen.
Das Gericht bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, dass eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung führt, als Auflösungstatbestand ungeeignet ist. Die Rente muss einmal der Höhe nach eine wirtschaftliche Absicherung darstellen, es ist ferner erforderlich, dass der Arbeitnehmer die einmal bezahlte rente auch behalten darf, selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen später entfallen, und seine Interessen in diesem Fall auch i.Ü. hinreichend berücksichtigt sind. Ergänzend führt der Senat nunmehr aus, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtfertige außerdem erst die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers den Auflösungstatbestand ohne Kündigung. Die Anknüpfung des Beendigungstatbestandes an eine nur auf Antrag (§ 99 Abs. 1 SGB VI) zu gewährende Rentenleistung wahrt das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, in eigener Verantwortung über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden. Der Senat lässt es offen, ob es mit dem verfassungsrechtlich zu gewährenden Mindestbestandschutzes des Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 3 Abs. 2 TV-L enden kann, obwohl der Arbeitnehmer durch § 33 Abs. 4 TV-L faktisch angehalten wird, einen Rentenantrag zu stellen.
Das Gericht konnte diese Entscheidung offen lassen, weil im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis gem. § 33 Abs. 3 TV-L nicht geendet hat, weil die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung innerhalb der Zwei-Wochenfrist dieser Norm verlangt hat. Bisher ging der Senat allerdings davon aus, die Zwei-Wochenfrist ende zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids, entsprechend der Regelung in § 59 Abs. 3 BAT a.F. Diese Frist hatte die Klägerin hier nicht eingehalten. Insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen entwickelt der Senat seine Rechtsprechung dahin weiter, dass wegen des Beginns der Zwei-Wochenfrist nicht an den Zugang des Rentenbescheids an den Arbeitnehmer, sondern erst an den Zugang der daran anschließenden Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis ende aufgrund des Rentenbescheids, anzuknüfen ist.
Hinweis:
Mit zwei weiteren Entscheidunge...