Das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren bildet die für den Arbeitsgerichtsprozess typische Verfahrensart, bei der aufgrund einer mündlichen Verhandlung nach den von den Parteien gestellten Anträgen und auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien von dem Arbeitsgericht durch Urteil entschieden wird. Ob letztlich das Verfahren tatsächlich durch ein Urteil beendet wird, ist unerheblich.
Im Urteilsverfahren entscheiden die Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG hauptsächlich über:
- Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis;
- das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
- die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und dessen Nachwirkungen;
- Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen;
- über Arbeitspapiere.
Hiermit werden im Ergebnis alle Ansprüche erfasst, die sich im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis ergeben können (z.B. Kündigungsschutzklage, Ansprüche auf Lohn oder Gehalt, Urlaub, Urlaubsvergütung und -geld, Urlaubsabgeltung, Zeugniserteilung bzw. -berichtigung, Herausgabe der Lohnsteuerkarte und anderer Arbeitspapiere, Schadensersatz, Karenzentschädigung, Betriebsrente, Überprüfung der Wirksamkeit einer Befristung etc.).
Darüber hinaus entscheiden die Arbeitsgerichte gem. § 2 ArbGG im Urteilsverfahren über Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, über Streitigkeiten aus unerlaubten Handlungen bei Arbeitskämpfen oder im Zusammenhang mit Fragen der Vereinigungsfreiheit oder des Betätigungsrechts einer Arbeitgeber- oder Arbeitnehmervereinigung. Weiter sind die Arbeitsgerichte auch für vergleichbare Streitigkeiten aus Rechtsverhältnissen von Entwicklungshelfern, Teilnehmern an einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr sowie behinderten Menschen in Werkstätten für behinderte Menschen zuständig.
Vom Grundsatz her gelten auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren die Vorschriften der ZPO. Nach § 46 Abs. 2 ArbGG gelten für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG gelten für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der ZPO über die Berufung entsprechend. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der ZPO über die Revision mit Ausnahme des § 566 ZPO (der die sog. Sprungrevision regelt) entsprechend. Gleichwohl erfährt das arbeitsgerichtliche Verfahren durch das ArbGG einige Modifizierungen im Vergleich zu dem „üblichen“ Zivilprozess.
Vor der streitigen Verhandlung hat in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht zwingend eine Güteverhandlung gem. § 54 Abs. 1 ArbGG stattzufinden. Bei Verfahren in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses soll innerhalb von zwei Wochen nach Einreichung der Klageschrift der Gütetermin anberaumt werden (§ 61a Abs. 1 ArbGG).
Hinweis:
Eine Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ist insoweit, dass eine Klagerwiderung vor dem Gütetermin nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, vereinzelt von den Richtern jedoch gewünscht wird.
Der Gütetermin selbst wird nur von dem Vorsitzenden Berufsrichter wahrgenommen; erst im Kammertermin sind die ehrenamtlichen Richter anwesend. Eine Sachentscheidung durch den Vorsitzenden allein kommt in Ausnahmefällen in Betracht. Hierbei handelt es sich beispielsweise um alle nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen (§ 53 ArbGG).
Die Vorschriften der ZPO über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275–277 ZPO) sind hingegen gem. § 46 Abs. 2 ArbGG nicht anwendbar. Auch bestimmt § 46 Abs. 2 ArbGG, dass die Vorschriften über den Urkunden- und Wechselprozess ebenfalls keine Anwendung finden. Ebenso findet das vereinfachte Verfahren nach § 495a ZPO im Arbeitsgerichtsprozess nicht statt.
Hinweis:
Demgegenüber hebt das ArbGG den Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung und Konzentration des Verfahrens deutlich hervor. Es gelten hier mitunter im Vergleich zur ZPO deutlich kürzere Fristen. So beträgt die Frist für die Einlegung des Widerspruchs gegen einen Mahnbescheid nur eine statt zwei Wochen (§ 46a Abs. 3 ArbGG). Auch der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil muss innerhalb einer statt zwei Wochen erfolgen (§ 59 S. 1 ArbGG).
Kommt es zu keiner gütlichen Einigung, wird ein Kammertermin anberaumt. Bevor der Kammertermin stattfindet, müssen die Parteien schriftsätzlich Stellung nehmen. Den Kammertermin nehmen neben dem Vorsitzenden Berufsrichter auch die beiden ehrenamtlichen Richter wahr. In der internen Beratung hat jeder der drei Richter gleiches Stimmgewicht. Die mündliche Verhandlung ist zwi...