Der Gesetzgeber hat die Parteien bei derartigen gerichtsinternen Kompetenzkonflikten außen vor gelassen. Sie sollten aber bedenken, dass die "Bindungswirkung" des § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO von den im Rechtszug zunächst höheren Gerichten nicht mehr absolut gesehen wird.
a) Entwicklung in der Rechtsprechung
Der BGH hat den Hebel in seinem Beschl. v. 19.1.1993 (X ARZ 845/92) daran angesetzt, dass das verweisende Gericht verkannt habe, dass die Klägerin mit der Bezeichnung des Streitgerichts im Mahnbescheidsantrag ihr Wahlrecht (zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand und dem Gerichtsstand des § 22 ZPO) ausgeübt habe. Dieses Wahlrecht habe sie, was das verweisende Gericht übersehen habe, lediglich nach der früheren Fassung des § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht gehabt, hingegen schon angesichts der aktuellen Fassung. Da der Verweisungsbeschluss die Gesetzesänderung nicht beachtet habe, so dass ihm jegliche gesetzliche Grundlage fehle, beruhe er auf Willkür, die aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 GG) nicht hingenommen werden könne.
aa) Grenzen der Bindungswirkung
Dogmatisch ließ sich das Tor, dass der BGH scheinbar – zunächst nur einen Spalt – aufgemacht hat, nie recht mit § 281 Abs. 2 ZPO begründen, indessen durch einen Blick auf die Gesetzeshistorie. Gemäß § 276 Abs. 2 S. 1 ZPO a.F., der besser mit § 36 ZPO abgestimmt war, galt der Rechtsstreit als bei dem im (Verweisungs-)Beschluss bezeichneten Gericht anhängig. (Nur) daran war das Empfangsgericht nach Satz 2 der Vorschrift gebunden. Der Beschluss gem. § 276 Abs. 1 ZPO – jetzt: § 281 Abs. 1 ZPO – machte dieses deshalb nicht unabänderlich zuständig. Vielmehr fingierte – und fingiert – er lediglich Anhängigkeit des Rechtsstreits beim Empfangsgericht. Demgegenüber war und ist das Verfahren der Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO schon dann eröffnet, wenn sich – mindestens – zwei Gerichte für unzuständig erklärt haben. Das im Rechtszug zunächst höhere Gericht muss sich schon deshalb damit befassen, welches Gericht von Rechts wegen zuständig ist, weil nach dem Gesetzeswortlaut die Zuständigkeit eines am Konflikt beteiligten Gerichts Voraussetzung für eine Gerichtsbestimmung ist. Deshalb gebietet es der Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sogar, eine Gerichtsbestimmung selbst dann zu treffen, wenn keines der um ihre Kompetenz streitenden Gerichte zuständig ist – mit der Folge, dass dann u.U. ein drittes Gericht bestimmt werden kann –, oder wenn beide Gerichte zuständig sind, mit der Folge, dass dann das Gericht zu bestimmen ist, das als angerufenes Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht geleugnet hat.
bb) Verhalten des Empfangsgerichts
Was die Unzuständigkeitserklärungen anbelangt, so verzichtet die Praxis manchmal auf die Wahrung der Beschlussform. Es genügt, wenn das Gericht, an das verwiesen worden ist, unmissverständlich erklärt, sich mit dem Rechtsstreit sachlich nicht befassen zu wollen, oder sogar nur schlicht "zurückverweist". So soll in der Formulierung "eine Übernahme" (der Sache, des Verfahrens, des Rechtsstreits) "wird abgelehnt" nach KG Berlin (Beschl. v. 5.2.2009 – 2 AR 5/09) eine "schlüssige Unzuständigkeitserklärung" liegen. "Abgabe" durch das angerufene Gericht soll andererseits nicht ausreichen, weil es an der "Erklärung" der Unzuständigkeit fehle (BayObLG, Beschl. v. 23.8.2002 – 1Z AR 98/02). Das KG Berlin (Beschl. v. 8.9.2008 – 2 AR 45/08) lässt aber sogar eine bloße Rücksendungsverfügung mit der "Bestimmung" ausreichen, dass es feststellt, der Rechtsstreit sei noch beim Gericht, das den Beschluss gem. § 281 ZPO erlassen hatte, anhängig. Dadurch werde diesem Gericht Gelegenheit gegeben, weiter aufzuklären, ob der Rechtsstreit an das Gericht, das die Akten zurück gesandt hatte, oder an ein drittes Gericht zu verweisen sei. OLG Schleswig (Beschl. v. 11.2.2010 – 2 W 11/10) sieht hingegen in einer den Beteiligten nicht bekannt gegebenen Rückgabeverfügung nur einen akteninternen Vorgang. Nach OLG Brandenburg (Beschl. v. 6.1.2009 – 9 AR 14/08) rechtfertigen bloße Aktenübersendungen zwischen der allgemeinen Abteilung und dem Familiengericht eines Amtsgerichts zwar keine Gerichtsbestimmung, aber immerhin einen Hinweis.
b) Verfahrensfragen
"Gericht" i.S.d. § 281 Abs. 1 ZPO ist auch der Einzelrichter, selbst wenn er nicht originär zuständig war (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.4.2008 – I-5 Sa 13/08). Verweisungen zwischen den Spruchkörpern ein und desselben Gerichts – insbesondere von der Zivilkammer zur Kammer für Handelssachen und umgekehrt – fallen von vornherein nicht unter § 281 ZPO, werden aber trotz der Bindungswirkung des § 102 S. 2 GVG im Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO überprüft. Diese Überprüfung kann sogar bis auf den Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts zurückgehen, etwa dahingehend, ob in diesem die Zuständigkeit der Zivilkammer für Handelssachen gem. § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. f ZPO geregelt ist. Ist das der Fall, dann wird dem Verweisungsbeschluss des – nicht originär zuständigen – Einzelrichters die Bindungswirkung des § 102 S. 2 GVG genommen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.8.2004 – 21 AR 85/04; OLG Celle, Beschl. v. 15.1.2004 – 4 AR 4/...