Beschlüsse gem. § 281 Abs. 1 ZPO sind unanfechtbar, § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO. Das kann sogar für den Beklagten misslich sein, der vor dem angerufenen Gericht verhandeln wollte, aber diesem Gericht "entzogen" worden ist, weil der Kläger Antrag gem. § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO gestellt und das angerufene Gericht dem entsprochen hatte. Das Gericht, an das verwiesen worden ist, muss sich wegen § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO jedenfalls mit der Sache befassen. Es kann aber die Frage der Zuständigkeit durch das im Rechtszug höhere Gericht überprüfen lassen, indem es diesem die Akten zur Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorlegt. Voraussetzung ist, dass es sich ebenfalls "rechtskräftig" für unzuständig erklärt hat. Die Praxis bietet hier ein buntes Bild. Bisweilen werden nur die Akten mit mehr oder weniger ausführlichen "Vermerken" hin- und hergeschickt. In der Regel wird die Form gewahrt und ein Beschluss formuliert, in dem sich das Gericht für unzuständig erklärt. Dabei fehlt allerdings häufig eine Begründung; stattdessen wird lediglich festgehalten, wer einen Verweisungsantrag gestellt hat oder vor Beschlussfassung angehört worden ist. Manchmal wird die – verneinte – Zuständigkeit als "örtlich", "sachlich" oder "funktionell" gekennzeichnet, manchmal nicht. Das Gericht, an das verwiesen wird, begnügt sich bisweilen damit, die "Übernahme" oder "Rücknahme" des "Rechtsstreits", des "Verfahrens" oder der "Sache" "abzulehnen", wenn es nicht sogar die Akten kommentarlos zurückschickt.

1. Bindungswirkung des Beschlusses

Der Gesetzgeber hat die Parteien bei derartigen gerichtsinternen Kompetenzkonflikten außen vor gelassen. Sie sollten aber bedenken, dass die "Bindungswirkung" des § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO von den im Rechtszug zunächst höheren Gerichten nicht mehr absolut gesehen wird.

a) Entwicklung in der Rechtsprechung

Der BGH hat den Hebel in seinem Beschl. v. 19.1.1993 (X ARZ 845/92) daran angesetzt, dass das verweisende Gericht verkannt habe, dass die Klägerin mit der Bezeichnung des Streitgerichts im Mahnbescheidsantrag ihr Wahlrecht (zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand und dem Gerichtsstand des § 22 ZPO) ausgeübt habe. Dieses Wahlrecht habe sie, was das verweisende Gericht übersehen habe, lediglich nach der früheren Fassung des § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht gehabt, hingegen schon angesichts der aktuellen Fassung. Da der Verweisungsbeschluss die Gesetzesänderung nicht beachtet habe, so dass ihm jegliche gesetzliche Grundlage fehle, beruhe er auf Willkür, die aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 GG) nicht hingenommen werden könne.

aa) Grenzen der Bindungswirkung

Dogmatisch ließ sich das Tor, dass der BGH scheinbar – zunächst nur einen Spalt – aufgemacht hat, nie recht mit § 281 Abs. 2 ZPO begründen, indessen durch einen Blick auf die Gesetzeshistorie. Gemäß § 276 Abs. 2 S. 1 ZPO a.F., der besser mit § 36 ZPO abgestimmt war, galt der Rechtsstreit als bei dem im (Verweisungs-)Beschluss bezeichneten Gericht anhängig. (Nur) daran war das Empfangsgericht nach Satz 2 der Vorschrift gebunden. Der Beschluss gem. § 276 Abs. 1 ZPO – jetzt: § 281 Abs. 1 ZPO – machte dieses deshalb nicht unabänderlich zuständig. Vielmehr fingierte – und fingiert – er lediglich Anhängigkeit des Rechtsstreits beim Empfangsgericht. Demgegenüber war und ist das Verfahren der Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO schon dann eröffnet, wenn sich – mindestens – zwei Gerichte für unzuständig erklärt haben. Das im Rechtszug zunächst höhere Gericht muss sich schon deshalb damit befassen, welches Gericht von Rechts wegen zuständig ist, weil nach dem Gesetzeswortlaut die Zuständigkeit eines am Konflikt beteiligten Gerichts Voraussetzung für eine Gerichtsbestimmung ist. Deshalb gebietet es der Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sogar, eine Gerichtsbestimmung selbst dann zu treffen, wenn keines der um ihre Kompetenz streitenden Gerichte zuständig ist – mit der Folge, dass dann u.U. ein drittes Gericht bestimmt werden kann –, oder wenn beide Gerichte zuständig sind, mit der Folge, dass dann das Gericht zu bestimmen ist, das als angerufenes Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht geleugnet hat.

bb) Verhalten des Empfangsgerichts

Was die Unzuständigkeitserklärungen anbelangt, so verzichtet die Praxis manchmal auf die Wahrung der Beschlussform. Es genügt, wenn das Gericht, an das verwiesen worden ist, unmissverständlich erklärt, sich mit dem Rechtsstreit sachlich nicht befassen zu wollen, oder sogar nur schlicht "zurückverweist". So soll in der Formulierung "eine Übernahme" (der Sache, des Verfahrens, des Rechtsstreits) "wird abgelehnt" nach KG Berlin (Beschl. v. 5.2.2009 – 2 AR 5/09) eine "schlüssige Unzuständigkeitserklärung" liegen. "Abgabe" durch das angerufene Gericht soll andererseits nicht ausreichen, weil es an der "Erklärung" der Unzuständigkeit fehle (BayObLG, Beschl. v. 23.8.2002 – 1Z AR 98/02). Das KG Berlin (Beschl. v. 8.9.2008 – 2 AR 45/08) lässt aber sogar eine bloße Rücksendungsverfügung mit der "Bestimmung" ausreichen, dass es feststellt, der Rechtsstreit sei noch beim Gericht, das den Beschluss gem. § 281 ZPO erlassen hatte, anhängig. Dadurch werde diesem Geric...

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