- Set-Bestandteile mit farblichen Variationen
Ein Onlinehändler hatte – verpackt in einem Karton – mehrere Ölfarben in Tuben vertrieben, wobei die einzelnen Tuben farbliche Abweichungen aufwiesen, aber jede im Karton enthaltene Tube zu demselben Preis vertrieben wurde. Der Händler wurde wegen fehlender Grundpreisangabe (§ 2 Abs. 1 S. 1 PAngV) abgemahnt. Da die Unterlassungserklärung verweigert wurde, wurde eine einstweilige Verfügung bei dem LG Nürnberg-Fürth beantragt und von diesem erlassen. Diese Entscheidung wurde im Widerspruchsverfahren bestätigt (Urt. v. 10.3.2017 – 4 HK O 7319/16). Das LG Nürnberg-Fürth führte zu dem Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV überzeugend aus, dass es nach der Gesetzessystematik einen Grenzbereich zwischen der Identität und der Verschiedenartigkeit von Set-Bestandteilen gebe, der nicht unter die vorgenannte Ausnahmevorschrift für Set-Angebote falle. Diese Entscheidung zu Set-Bestandteilen, die sich nur durch farbliche Variationen unterscheiden, fügt sich in die von der Rechtsprechung geprägte Systematik unproblematisch und ohne erkennbare Abgrenzungsschwierigkeiten ein: Wenn sich die Teile eines Sets mehr oder weniger nur durch diejenigen Merkmale unterscheiden, die den Anlass geben, den Grundpreis zu veröffentlichen (z.B. Volumen, Länge, Fläche), oder die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unwesentliche Faktoren (z.B. Stärke des Materials, Farbe) darstellen, kann die Ausnahmevorschrift nicht greifen. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass ein Unternehmer gleichartige Waren mit minimal abweichenden Ausstattungsmerkmalen "bündelt", um so der Pflicht zur Angabe von Grundpreisen zu entgehen. Für einen Händler wäre es – bei diversen Produkten – sonst möglich, durch einen verschiedenen Farbton eine – nur scheinbare – Unterscheidung bei Produkten herbeizuführen, ohne dass dies den Verbraucher letztendlich entscheidend interessiert. Erwähnt seien z.B. Fruchtgummis, Taschentücher, Dübel und Schraubenzieher mit verschiedenen Farben.
- Set-Vertrieb von Kabelschutzrohren verschiedener Durchmesser, Materialstärken und Massen
Einem Verfahren vor dem LG Koblenz (Urt. v. 31.1.2017 – 1 HK O 93/16) lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Onlinehändler ein Set von Kabelschutzrohren verschiedener Durchmesser, Materialstärken und Massen angeboten, jedoch keinen Grundpreis für die Länge angegeben hatte. Das LG Koblenz sah hierin einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PangV. Es wies darauf hin, dass die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV "eng" auszulegen sei und führte in den Gründen dazu aus (Hervorh. d. Verf.): "Dass ‚Kabelschutzrohre‘, die nach ihrer Beschaffenheit her Schläuche sind, Waren sind, die nach Länge angeboten werden (s. § 33 Abs. 1 FertigPackV), hat der Beklagte nicht bezweifelt. (...) Die Unterschiede bezüglich Durchmesser, Materialstärke und Masse betrafen Eigenschaften des jeweiligen Erzeugnisses ‚Kabelschutzrohr‘. Sie können nicht dazu führen, die Schläuche als verschiedenartige Erzeugnisse im Sinne von § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV zu beurteilen. Verschiedenartig sind Erzeugnisse nämlich, wenn sie in ihren charakteristischen Merkmalen nicht übereinstimmen und sich dementsprechend in ihrer Anwendung, ihrer Funktion, ihren Wirkungen und/oder ihrem Geschmack nicht unerheblich unterscheiden (OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.7.2016 – 14 W 87-15; Harte/Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert/Völler, UWG, 4. Aufl. 2016, § 9 PAngV Rn 23; Erbs/Kohlhaas/Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2017, § 9 PAngV Rn 11). Werden verschiedenartige Erzeugnisse gemeinsam angeboten, handelt es sich um ein ‚ zusammengesetztes Angebot ‘ (BGH, Urt. v. 28.6.2012 – I ZR 110/12), das nicht erfordert, den Grundpreis anzugeben, wenn sie nicht miteinander vermischt oder vermengt sind. Hingegen sind Erzeugnisse nicht verschiedenartig, wenn sie sich nur hinsichtlich messbarer Eigenschaften wie jeweils ‚Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche‘ (s. § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV) unterscheiden. Denn derartige Unterschiede lassen Anwendung, Funktion und Wirkung der Erzeugnisse unverändert."
Nach § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV entfällt die Grundpreisangabepflicht bei kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut, der Haare oder der Nägel dienen. Mit diesem Ausnahmetatbestand hatte sich das OLG Celle näher zu beschäftigen (Urt. v. 7.3.2017 – 13 U 158/16): Es hat entschieden, dass kosmetische Produkte, deren Effekt erst nach regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitpunkt eintritt oder deren Wirkung dadurch eintritt, dass sie zunächst körpereigene Funktionen anregen, oder die (auch) die Pflege von Haut, Haar und Nägeln bezwecken, von dem vorgenannten Ausnahmetatbestand nicht erfasst sind. Das OLG Celle hat diesbezüglich die Ansicht vertreten, dass kosmetische Mittel nur dann "ausschließlich (...) der Verschönerung dienen", wenn sie nicht gleichzeitig die Pflege von Haut, Haar oder Nägeln bezwecken. Das OLG Celle nahm insofern eine einschränkende Auslegung des Wortlautes der ...