Ungeachtet der in Deutschland soeben eingeführten Musterfeststellungsklage (s. dazu vorstehende Meldung) sind auf europäischer Ebene Bestrebungen im Gange, eine Verbandsklage zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen einzuführen. Hintergrund ist auch hier der Dieselskandal.
Das geplante Instrument soll vor allem in den Wirtschaftszweigen zur Anwendung kommen, in denen sich illegale Unternehmenspraktiken auf eine große Zahl von Verbrauchern auswirken. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Finanzdienstleistungen, Energie, Telekommunikation, Gesundheit und Umwelt. Laut dem Vorschlag der EU-Kommission liegt das Klagerecht bei qualifizierten Einrichtungen wie Verbraucherorganisationen. Im Namen einer Gruppe von Verbrauchern sollen sie von einem Unternehmen Wiedergutmachung in Form von Schadensersatz, Ersatz, Reparatur oder Ähnlichem beanspruchen können. In komplexen Fällen sollen die Mitgliedstaaten die nationalen Gerichte ausnahmsweise ermächtigen, Feststellungsbeschlüsse über die Haftung des Unternehmers zu erteilen. Auch der Abschluss eines Vergleichs ist möglich. Er soll allerdings von einem Gericht oder einer Behörde genehmigt werden müssen.
Der Bundesrat hat sich nun kritisch mit diesen Plänen auseinandergesetzt. Anfang Juli warnte er davor, dass Verbandsklagen auch zum Schaden der Wirtschaft missbraucht werden können. Er findet es bedenklich, dass die europäische Verbandsklage keine Mindestzahl an betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern erfordert.
Auch hält die Länderkammer die Rechtsfolgen des europäischen Klagemodells für zu weitreichend. Dabei verweist sie auf die Möglichkeit, gegen Unternehmen Abhilfemaßnahmen wie Schadensersatz durchsetzen zu können. Die beabsichtigte Bindungswirkung der Urteile für andere Verfahren geht nach Ansicht des Bundesrats ebenfalls sehr weit. Derartige Rechtsfolgen seien nur gerechtfertigt, wenn sich auch die Verbraucher explizit an die Ergebnisse des Verfahrens binden. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass eine rechtskräftige Entscheidung zugunsten eines Unternehmens ebenso Bindungswirkung entfalten muss wie solche, die zu Lasten der Unternehmen ergehen. Alles andere sei mit dem Grundsatz der Waffengleichheit nicht vereinbar.
Die vorgesehene Pflicht der Unternehmen, betroffene Verbraucher über eine rechtskräftige Entscheidung zu informieren, lehnen die Länder ab. Sie würde die Unternehmen überfordern. Darüber hinaus bemängeln sie verschiedene Unklarheiten, beispielsweise bei den Regelungen zur Mandatserteilung.
[Quelle: Bundesrat]