Die Haftung des Fahrzeugführers ergibt sich aus § 18 StVG. Es handelt sich um eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast, d.h. um eine Haftung für vermutetes Verschulden. Die Haftung gilt für die Fälle des § 7 Abs. 1 StVG, d.h. für Tötungen, Körper- und Gesundheitsverletzungen sowie Sachbeschädigungen beim Betrieb eines Kfz, und regelt sich nach den §§ 8–15 StVG, so dass auf die entsprechenden Ausführungen zur Halterhaftung verwiesen werden kann (s. Der Straßenverkehrsunfall in der zivilrechtlichen Abwicklung – Haftungsgrundlagen und Haftungsvoraussetzungen, Teil 1 [im Folgenden: Teil 1] unter II., ZAP F. 9, S. 1.000 ff.).
Hinweis:
Wegen der andersartigen Haftungsform sind jedoch § 7 Abs. 2 und 3 StVG nicht anwendbar.
Ist der Fahrzeugführer zugleich Halter des Kfz, geht die Haftung aus § 7 StVG vor. Eine Haftung nach §§ 823 ff. BGB bleibt unberührt (§ 16 StVG). Ist der Fahrer nicht zugleich Halter, muss er sich die einfache Betriebsgefahr des Kfz nur dann anrechnen lassen, wenn er seinerseits aus § 18 StVG oder § 823 BGB haftet (BGH NJW 2010, 927; ebenso für den nicht haltenden Eigentümer LG Münster NJW-RR 2011, 1327).
1. Fahrzeugführer
Fahrzeugführer (vgl. auch §§ 2 StVG, 23 StVO) ist, wer das Kfz verantwortlich in Bewegung setzt, anhält, parkt oder nach Fahrtunterbrechung weiterfährt. Im Allgemeinen ist Fahrzeugführer der Fahrzeuglenker. Eine Ausnahme gilt aber z.B. für den Fahrschüler (vgl. § 2 Abs. 15 S. 2 StVG), auch wenn er mit einem Krad vorausfährt (KG NZV 1989, 150; 2004, 93; str. zur Haftung des Fahrlehrers bei Überforderung des Fahrschülers s. KG NZV 2004, 93; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 891; OLG Rostock DAR 2005, 32); den Fahrschüler trifft aber gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern die allgemeine Verschuldenshaftung, wenn er einen Fahrfehler begeht, den er auch unter Berücksichtigung seines Ausbildungsstands nach Maßgabe seines subjektiven Wissens und Könnens hätte vermeiden können (OLG Koblenz NJW-RR 2004, 891). Ebenfalls ist das bloße Lenken nach Anweisung beim Schieben eines nicht betriebsbereiten Kfz kein Führen (BGH NJW 1977, 1056).
Beim sog. begleiteten Fahren ab 17 nach § 6e StVG ist der Minderjährige Fahrzeugführer; die Begleitperson kann – sofern sie Halter ist – aus § 7 Abs. 1 StVG haften, im Übrigen nach allgemeinem Deliktsrecht aus § 832 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 48a Abs. 3 FeV (Sapp NJW 2006, 408; Brock DAR 2006, 63). Auch der Beifahrer kann zum Fahrer werden, wenn er z.B. dem ohnmächtigen Fahrer ins Lenkrad greift (Geigel/Kaufmann, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., Kap. 25 Rn 316). Im Falle einer Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG ist die Haftung des beamteten Kfz-Führers aus § 18 StVG ausgeschlossen (BGH NJW 1992, 2882).
2. Nachweis fehlenden Verschuldens
Unter Verschulden fällt Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Maßgebend ist die Sorgfalt eines ordentlichen Kfz-Führers (BGH VersR 1957, 519). Der Entlastungsbeweis ist erbracht, wenn der Fahrer nachweist, dass er die gewöhnliche verkehrserforderliche Sorgfalt angewandt hat, mit der er gewöhnliche Verkehrslagen hätte meistern können. Auch wenn die Anforderungen an den Entlastungsnachweis nach dem Wortlaut geringer sind als an den Unabwendbarkeitsnachweis gem. § 17 Abs. 3 S. 2 StVG (s. hierzu Teil 1 unter II. 2. b, ZAP F. 9, S. 1.010 ff.), sind in der Praxis die Fälle selten, in denen der Entlastungsbeweis als geführt angesehen, eine Unabwendbarkeit des Unfalls dagegen verneint wird.
Praxistipp:
Theoretisch ist es möglich, dass ein fehlendes Verschulden des Fahrers feststeht (z.B. bei unvorhersehbarem Versagen von Einrichtungen oder Ohnmacht), während dem Halter der Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses nicht möglich ist. In diesem Fall ist es für die Beklagtenseite ratsam, auf den Erlass eines (klageabweisenden) Teilurteils gegen den Fahrer hinzuwirken, um ihn sodann als Zeugen benennen zu können. Ob dies in Anbetracht seiner weiteren Beteiligung am Prozess hinsichtlich der Kostenentscheidung zulässig ist, ist allerdings nicht ganz unproblematisch (bejahend OLG Celle NJW-RR 1991, 62).
3. Mitwirkendes Verschulden
Eine Mithaftung des Geschädigten regelt sich wie bei der Halterhaftung (s. Teil 1 unter I., ZAP F. 9, S. 999 ff.).
4. Beweisfragen
Die Beweislast für das fehlende Verschulden des Fahrers hat dieser zu tragen. Im Übrigen gilt das zur Halterhaftung Gesagte (s. Teil 1 unter II. 9., ZAP F. 9, S. 1.015 ff.).