Ein Durchsuchungsbeschluss gestattet nicht auch die Durchsuchung der Wohnräume eines Beschuldigten, wenn als Durchsuchungsobjekte im Beschluss ausdrücklich nur seine Geschäftsräume mit Nebenräumen genannt werden, während die Wohnanschrift lediglich bei den zur Identifizierung des Beschuldigten dienenden Angaben zur Person erwähnt wird. Das ist das Fazit aus dem Beschluss des BVerfG vom 13.3.2018 (2 BvR 2990/14, StRR 5/2018, 2 [Ls.]). Nach dem Sachverhalt wurde gegen den Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs geführt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das AG gem. §§ 102, 105 Abs. 1 StPO einen Durchsuchungsbeschluss, in dem "die Durchsuchung der Person, der Geschäftsräume mit Nebenräumen, Garagen und der Fahrzeuge des Beschuldigten B [...]" angeordnet wurde. Nach den Angaben zu Geburtsdatum und -ort und vor den Angaben zu Staatsangehörigkeit, Familienstand und Beruf des Beschwerdeführers sind folgende Adressen aufgeführt: "wohnhaft: M-Straße, ... (bei Fa. B ...), Nebenwohnung: A-Straße, ...". Bei der Durchsuchung wurden zum einen Firmenräume und Keller sowie das Lager in der M-Straße durchsucht. Dort wurden u.a. Unterlagen sichergestellt. Zum anderen wurden etwa zur gleichen Uhrzeit auch die Wohnräume des Beschuldigten und von dessen Familie in der A-Straße in ... pp. durchsucht. Der Beschuldigte hat Beschwerde "gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 2.5.2014 sowie die bereits erfolgte Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen" eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben. Das LG hat die Beschwerde als unbegründet verworfen. Dagegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde.
Das BVerfG (a.a.O.) hat die Verfassungsbeschwerde zwar nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. dazu unten), es führt aber dennoch aus, dass der Beschuldigte zutreffend davon ausgeht, dass der Durchsuchungsbeschluss des AG hinreichend bestimmt war und eine Durchsuchung seiner Geschäftsräume, nicht aber seiner Wohnräume gestattete. In dem Beschluss werde das Durchsuchungsobjekt vor den Angaben zur Person des Beschuldigten bezeichnet: Neben seiner Person sei die Durchsuchung seiner Geschäftsräume mit Nebenräumen, seiner Garagen und seiner Fahrzeuge angeordnet worden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass sich die Durchsuchungsanordnung nicht auf Wohnräume erstrecke. Soweit die Anschriften der beiden Wohnungen des Beschuldigten in U. und B. im Rahmen der Angaben zu seiner Person genannt werden, diene dies erkennbar nicht der Bestimmung der zu durchsuchenden Objekte, sondern vielmehr bloß der Identifizierung des Beschwerdeführers. Eine Auslegung dahingehend, dass sich die Durchsuchung auch auf diese Wohnräume erstrecken solle, lasse der Wortlaut des Beschlusses nicht zu. Ein etwaiger diesbezüglicher Wille sei in der Formulierung der Durchsuchungsanordnung jedenfalls nicht mit hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck gebracht worden.
Hinweis:
Soweit das LG eine von diesem Inhalt abweichende Auslegung des Durchsuchungsbeschlusses vorgenommen hat, hat das BVerfG dies als eine nachträgliche Erweiterung der Durchsuchungsobjekte nach dem Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses gerügt, die mit der Funktion des Richtervorbehalts in Art. 13 Abs. 2 GG als einer vorbeugenden Kontrolle der Durchsuchung nicht vereinbar sei. Diese verbietet es schon, Mängel, die die Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses betreffen, nachträglich zu heilen (vgl. BVerfG NStZ-RR 2005, 207; StRR 10/2016, 2 [Ls.]).
Die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG damit begründet, dass deutlich abzusehen sei, dass die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Durchsuchungsbeschluss auch im Falle einer Zurückverweisung an das LG im Ergebnis keinen Erfolg haben würde. Das ist zutreffend, denn Rechtsschutzziel des Beschuldigten ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung seiner Wohnräume. Dieses Ziel kann er aber mit einer Beschwerde gem. § 304 Abs. 1 StPO gegen den Durchsuchungsbeschluss nicht erreichen. Der Einwand, die Durchsuchung sei in Bezug auf die Wohnräume ohne eine richterliche Anordnung und ohne das Vorliegen von Gefahr im Verzug rechtswidrig erfolgt, betrifft nämlich allein die Art und Weise der Durchsuchung. Insoweit ist dann aber ein Antrag entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 StPO beim AG zu stellen (vgl. die Nachweise bei Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. 2015, Rn 1538 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]; vgl. auch noch BGHSt 45, 183, 187 m.w.N.).
Hinweis:
In vergleichbaren Fällen ist also zunächst ein Antrag entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 StPO zu stellen, sodann muss gegen eine etwaige Zurückweisung dieses Antrags durch das AG Beschwerde eingelegt werden. Darauf muss man als Verteidiger achten. Allerdings: Gegebenenfalls kommt eine Umdeutung in Betracht. Dazu schweigt das BVerfG jedoch.