Dagegen kann diese Frage im Verhältnis zu Dritten von Bedeutung sein, wenn also Unterhaltsansprüche Dritter betroffen sind.
Das können Unterhaltsansprüche folgender Drittpersonen sein:
- eines früheren Ehegatten gem. §§ 1569 ff. BGB. Beim Ehegattenunterhalt haben diese Überlegungen keine Bedeutung, soweit hier ohnehin für den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf Seiten des unterhaltspflichtigen geschiedenen und erneut verheirateten Ehegatten hypothetisch Steuerklasse 1 zur Anwendung kommt (siehe Teil XVII),
- eines Kindes gem. § 1601 ff. BGB,
- eines Elternteils gem. § 1601 ff. BGB oder
- der nichtehelichen Mutter gem. § 1615l BGB.
Stellt man bei der Unterhaltsrechtsberechnung jeweils auf das aktuelle Einkommen des Unterhaltsschuldners ab, dann ergeben sich erhebliche Unterschiede, je nachdem, welche Steuerklasse der verheiratete Unterhaltsschuldner mit seinem jetzigen Ehegatten wählt.
Beispiel: Unterhaltsschuldner Steuerklasse 3, Ehegatte Steuerklasse 5
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3 zu 5 |
Bruttoeinkommen des Unterhaltsschuldners |
2.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 3 |
76,50 EUR |
verbleibendes Einkommen |
2.423,50 EUR |
Bruttoeinkommen seines Ehegatten |
1.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 5 |
234,41 EUR |
verbleibendes Einkommen |
1.265,59 EUR |
Gesamtsteuerbelastung der Familie |
310,91 EUR |
Beispiel: Unterhaltsschuldner Steuerklasse 5, Ehegatte Steuerklasse 3
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5 zu 3 |
Bruttoeinkommen des Unterhaltsschuldners |
2.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 5 |
573,00 EUR |
verbleibendes Einkommen |
1.927,00 EUR |
Bruttoeinkommen seines Ehegatten |
1.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 3 |
0,00 EUR |
verbleibendes Einkommen |
1.500,00 EUR |
Gesamtsteuerbelastung der Familie |
573,00 EUR |
Beispiel: Unterhaltsschuldner Steuerklasse 4, Ehegatte Steuerklasse 4
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4 zu 4 |
Bruttoeinkommen des Unterhaltsschuldners |
2.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 3 |
298,91 EUR |
verbleibendes Einkommen |
2.201,09 EUR |
Bruttoeinkommen seines Ehegatten |
1.500,00 EUR |
Steuerbelastung nach Steuerklasse 5 |
71,33 EUR |
verbleibendes Einkommen |
1.428,67 EUR |
Gesamtsteuerbelastung der Familie |
370,24 EUR |
Die Wahl der – steuerrechtlich zulässigen – Steuerklassenkombinationen führt zu einer erheblichen Verschiebung innerhalb der neuen Familie. So verbleibt dem 2.500 EUR brutto verdienenden Unterhaltsschuldner (nur aufgrund der Lohnsteuerbelastung):
Variante Steuerklasse 3/5 |
2.423,50 EUR |
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Variante Steuerklasse 5/3 |
1.927,00 EUR |
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Variante Steuerklasse 4/4 |
2.201,09 EUR |
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Diese steuerlichen Differenzen ergäben beim Tabellenunterhalt eines Kindes schon Unterschiede von 1 bis 2 Tabellenstufen. Entscheidend ist, dass der Abzug über die Lohnsteuer immer nur eine Steuervorauszahlung ist. Die endgültige Steuerbelastung eines Steuerpflichtigen richtet sich nicht nach diesem vorläufigen Lohnsteuerabzug, sondern nach der Jahresbesteuerung. Bei zusammen veranlagten Ehegatten wird diese anhand der beiderseitigen Einkünfte errechnet nach dem Verhältnis der sich bei einer fiktiven getrennten Veranlagung (§ 26a EStG) ergebenden Beträge (§ 270 AO). Übersteigt daher die im Wege des Lohnsteuerabzugs einbehaltene Steuervorauszahlung die persönliche Steuerschuld, so liegt ein Missbrauch zulasten des Unterhaltsberechtigten vor, die dieser nicht hinnehmen muss. Es ist ein nach § 287 ZPO zu schätzenden Abschlag von der entrichteten Lohnsteuer vorzunehmen (BGH FamRZ 2004, 443 m. Anm. Schürmann, ebenso BGH FamRZ 1980, 984, 985; OLG Hamm FamRZ 2000, 311). In vereinfachter Form kann dann eine Korrektur durch eine Neuberechnung anhand des Lohnsteuerabzugs nach Steuerklasse 1 bzw. 4 erfolgen (also der mittleren Variante). Beide Steuerklassen führen zum selben Lohnsteuerabzug. Kinderfreibeträge haben dafür keine Bedeutung. Diese beeinflussen – unabhängig von der Steuerklasse – nur die Annexsteuern, also Kirchensteuer, Solidarzuschlag (siehe oben die Tabelle bei V). Kann der Steuerpflichtige keine weiteren Abzüge geltend machen, stimmt der Lohnsteuerabzug aufgrund der in die Tabellen eingearbeiteten Pauschbeträge mit der auf das Einkommen entfallenden Jahressteuer überein (Schürmann FamRZ 2004, 446).
Hinweis:
Die anwaltliche Beratung des Unterhaltspflichtigen sollte darauf dringen, dass dieser seinerseits nicht in Unkenntnis der steuerlichen Zusammenhänge durch eine falsche Steuerklassenwahl ein zu hohes Nettoeinkommen erzielt, das de facto dadurch zustande kommt, dass das Einkommen seiner neuen Ehefrau auf ihn verlagert wird. Der Unterhaltspflichtige stellt sich zu schlecht, wenn er die Variante 3/5 gewählt hat. Dann nimmt er für sich die von der Liquidität her günstige Steuerklasse 3 in Anspruch und erhält weniger Steuern abgezogen, als er im Jahresbemessungszeitraum schuldet.
Der "sichere Weg" besteht also darin, die Steuerklasse 4 zu wählen und ggf. die Korrektur der Einkommensteuerveranlagung zu überlassen.