Schwerbehinderten Menschen, die

  • einen zumutbaren Arbeitsplatz ohne berechtigten Grund zurückweisen oder aufgeben
  • oder sich ohne berechtigten Grund weigern, an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben (s. § 49 ff. SGB IX, v.a. an einer Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme, s. Abs. 3 der Norm) teilzunehmen,
  • oder sonst durch ihr Verhalten ihre Teilhabe am Arbeitsleben schuldhaft vereiteln,

kann (Ermessensentscheidung) das Integrationsamt (zuständig nach § 185 Abs. 1 S. 1 Nr. 4) im Benehmen mit der Bundesagentur für Arbeit die besonderen Hilfen für schwerbehinderte Menschen zeitweilig entziehen, § 200 Abs. 1 S. 1. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch für gleichgestellte behinderte Menschen.

Es zeigen sich hinsichtlich der sanktionierten Verhalten Parallelen zur Sperrzeitregelung in § 159 SGB III und zur Leistungsversagung nach §§ 64, 66 SGB X; auf die Auslegung dieser Vorschriften kann zurückgegriffen werden, wobei allerdings die Besonderheiten des Schwerbehindertenrechts wie in § 185 Abs. 2 S. 2 (Qualität des Arbeitsplatzes) zu berücksichtigen sind. Der Begriff des wichtigen Grundes in § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III ist enger gefasst als der des berechtigten Grundes in § 200 (s. zu Vorstehendem Dau in LPK-SGB IX § 200, Rn 6).

Vor der Entscheidung sind die schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen anzuhören, § 200 Abs. 2 S. 1. In der Entscheidung wird die Frist bestimmt, für die sie gilt; die Frist läuft von dem Tag der Entscheidung an und beträgt höchstens 6 Monate, § 200 Abs. 2 S. 2 und 3.

Für die Dauer der Entziehung bleibt der hiervon betroffenen Personenkreis zwar schwerbehindert i.S.d. § 2 Abs. 2, er verliert jedoch – allerdings nur vorübergehend, bis zum Ablauf der Frist – die durch das Schwerbehindertenrecht gewährten Rechte und Vorteile, also auch den besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff.

Gegen die Entscheidung des Integrationsamts kann Widerspruch und später ggf. Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden. Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO.

ZAP F. 18, S. 705–712

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht und für Arbeitsrecht Dr. Ulrich Sartorius, Breisach

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge