Der Erste Senat des BVerfG sieht durch die angegriffenen Entscheidungen die Grundrechte des Vollstreckungsschuldners aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) als verletzt an. Gemäß dem BVerfG haben die Fachgerichte das Verfassungsrecht und die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte zu beachten (vgl. dazu hier nur die „Lüth”-Entscheidung des BVerfG: BVerfGE 7, 198 ff.). Dazu führt der Senat aus, dass die „verfassungsrechtliche Gewährleistung der Grundrechte und die aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Verfassungsprinzipien auch im jeweiligen Verfahrensrecht” gelten, und zwar „insb. im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens” – dies gelte v.a. auch für den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 52, 214 ff., 219). Demgemäß sei i.R.d. Prüfung des § 765a Abs. 1 ZPO eine umfassende Würdigung notwendig, die „in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen” könne, „dass zur Vermeidung unzulässiger Grundrechtsbeeinträchtigungen eines Schuldners die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Titel für einen längeren Zeitraum einzustellen” sei. Dies gelte „jedenfalls dann, wenn ein schwerwiegender Eingriff” in das Grundrecht des Vollstreckungsschuldners gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG „zu besorgen” sei (so BVerfGE 52, 214 ff., 220, unter Verweisung auf BVerfGE 44, 353 ff., 373). Daher sei es Aufgabe der Fachgerichte, in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, „damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden” (BVerfG, a.a.O.). Daraus ergebe sich weiterhin deren Verpflichtung, „Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohten schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigungen, besonders sorgfältig” nachzugehen. In einer solchen Gefahrenlage setzt der Senat die Grundrechtsgefährdung mit der Grundrechtsverletzung gleich und begründet dies mit der „Aufgabe der staatlichen Organe, die Gefahr von Grundrechtsverletzungen nach Möglichkeit einzudämmen” (so BVerfGE 52, 214 ff., 220, unter Bezugnahme auf BVerfGE 49, 89 ff., 141 f.).
Folglich sei das Vollstreckungsverfahren auch so durchzuführen, dass „dieser verfassungsrechtlichen Schutzpflicht Genüge getan wird”. Dabei verneint das BVerfG die Frage, ob diesen Schutzanforderungen im konkreten Fall ausreichend Rechnung getragen worden ist (vgl. BVerfGE 52, 214 ff., 221 f.), da es den Instanzgerichten hier vorhält, in ihrer (einfachrechtlichen) Verfahrensgestaltung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (den es aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ableitet) sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot zum Schutze des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) nicht in erforderlicher Weise entsprochen habe. Dabei betont das BVerfG insb. deren Verpflichtung, den Beweisangeboten des Vollstreckungsschuldners zu dessen psychisch ernstlicher Erkrankung nachzugehen und zudem alle (verfügbaren) Erkenntnismittel zur Überprüfung der (drohenden) Gesundheitsgefahren auszuschöpfen. Ausdrücklich von dieser Prüfung umfasst sieht es dabei auch die Frage, ob diesen Gesundheitsgefahren nur durch längerfristigen Verzicht auf die (Räumungs-)Vollstreckung begegnet werden könne. Von Entscheidungsrelevanz sei dabei die „im vorliegenden Fall gegebene ganz außergewöhnliche Sachlage”, die die staatlichen Organe dazu verpflichte, „sich um bestmögliche Aufklärung über die drohenden Räumungsfolgen zu bemühen” (so BVerfGE 52, 214 ff., 222). Diese Aufklärung könne bspw. durch die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens erfolgen. Maßgebend für die Bejahung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Gesundheitsgefährdung ist dabei v.a. der Umstand, dass die Zivilgerichte in beiden Instanzen keine Beweise erhoben hatten und sich das Landgericht zudem mit dem schuldnerischen Vortrag, sein Zustand werde sich auch nach dem Ende der befristeten Einstellung der Räumungsvollstreckung nicht bessern, nicht auseinandergesetzt habe. Moniert wird schließlich auch die fachgerichtliche Entscheidungsbegründung, die die Einstellung oder Untersagung der Räumungsvollstreckung mit einem „Stillstand der Rechtspflege” gleichgesetzt habe, auch wenn der Erste Senat nicht selbst abschließend feststellt, „ob im Ergebnis eine längerfristige Einstellung der Räumungszwangsvollstreckung tatsächlich geboten sein wird” (so BVerfGE 52, 214 ff., 222).