Im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind Feststellungsklagen häufig anzutreffen. Allgemein erfordert die Feststellungsklage als Streitgegenstand die Behauptung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Zudem muss der Feststellungskläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung haben. Fehlt eine der beiden Voraussetzungen, ist die Feststellungsklage unzulässig.
1. Vorliegen eines Rechtsverhältnisses
Nach dem BAG (Urt. v. 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, NZA 2016, 565) ist ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Kein Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen (BAG, Urt. v. 17.10.2018 – 5 AZR 538/17, NZA 2019, 796). Ebenso ist die Eigenschaft oder Fähigkeit einer Person oder Stelle kein Rechtsverhältnis. Sie kann nicht Gegenstand einer selbstständigen gerichtlichen Feststellung sein, sofern das Gesetz dies nicht ausdrücklich vorsieht (BAG, Beschl. v. 24.4.2007 – 1 ABR 27/06, NZA 2007, 1011).
2. Besonderes Feststellungsinteresse
Der Kläger einer Feststellungsklage muss zudem ein rechtliches Interesse daran haben, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur zulässig, wenn sich Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben. Anderenfalls verlangt der Kläger ein Rechtsgutachten für einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Sachverhalt. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, eine die Parteien interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären (BAG, Urt. v. 3.12.2019 – 9 AZR 54/19, NZA 2020, 541).
Hinweis:
Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss noch in der Revisionsinstanz gegeben sein.
Allerdings kann das Feststellungsinteresse ausnahmsweise dann bestehen, wenn der erforderliche Gegenwartsbezug dadurch hergestellt wird, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt. Ist das erstrebte Feststellungsurteil geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden, ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Es genügt jedoch nicht, dass sich die begehrte Feststellung auf eine bloße Vorfrage eines aktuell möglicherweise bestehenden Anspruchs bezieht (BAG, Urt. v. 15.7.2020 – 10 AZR 507/18, NZA 2020, 1650).
Hinweis:
Zudem kann sich eine Feststellungsklage als sog. Elementenfeststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, Urt. v. 10.11.2021 – 10 AZR 256/20, juris Rn 24).
3. Vorrang der Leistungsklage
Auch im Arbeitsgerichtsprozess gilt grds. der Vorrang der Leistungsklage, welcher der prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten dient. Leitgedanke ist hierbei, dass der Kläger mit der Leistungsklage sein Rechtsschutzziel effektiver erreichen kann als mit einer bloßen Feststellungsklage. Dementsprechend ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, Urt. v. 2.12.2021 – 3 AZR 328/21, NZA 2022, 485).
Hinweis:
Auch bei einer Feststellungsklage ist auf die Bestimmtheit des Klageantrags zu achten! Eine Feststellungsklage muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein, sodass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen. Bei einer Feststellungsklage sind dabei grds. keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (vgl. BAG, Urt. v. 14.12.2011 – 4 AZR 242/10, NZA 2012, 1452).
4. Kündigungsschutzklage
Hauptanwendungsfall der Feststellungsklage im Arbeitsgerichtsprozess ist die Kündigungsschutzklage. Mit der Kündigungsschutzklage begehrt ein Arbeitnehmer die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung nicht aufgelöst wurde. Es handelt sich dabei um eine spezielle Form der Feststellungsklage.
Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage ist nach dem BAG (Urt. v. 16.12.2021 – 6 AZR 154/21, AP Nr. 94 zu § 4 KSchG 1969) grds., ob das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgelöst wurde – ein sog. erweit...