Weitaus schwieriger ist die Einhaltung der Rechtsprechungsregeln dagegen bei der Verwendung alter Mantelgesellschaften. Eine wirtschaftliche Neugründung soll in diesen Fällen immer dann vorliegen, wenn eine GmbH kein aktives Unternehmen betreibt (mithin nur noch eine "leere Hülse" darstellt), so dass der neue Geschäftsbetrieb nicht mehr an die bisherige Tätigkeit anknüpfen kann. Typische, aber nicht notwendige Indizien für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer unternehmenslos gewordenen GmbH sind die Änderung der Satzung (u.a. Firma, Sitz und Unternehmensgegenstand), der Austausch der Geschäftsführer sowie der Verkauf der Geschäftsanteile. In der Praxis wird in solchen Fällen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Neugründung nicht selten verkannt, sodass auch die entsprechende Offenlegung und Versicherung gegenüber dem Registergericht unterbleibt. Solche Regelverstöße können eine persönliche Haftung der Beteiligten zur Folge haben.
Der BGH (Beschl. v. 18.1.2010 – II ZR 61/09, DStR 2010, 763 m. Anm. Goette; GmbHR 2010, 474 m. Anm. Ulrich; ZIP 2010, 621; ausführlich dazu Habersack, AG 2010, 845; Hermanns, ZNotP 2010, 242; K.Schmidt, ZIP 2010, 857; Werner, GmbHR 2010, 804) hat zur Mantelverwendung wie folgt entschieden:
Zitat
1. Eine Mantelverwendung, auf die die Regeln der sog. "wirtschaftlichen Neugründung" anwendbar sind, kommt nur in Betracht, wenn die Gesellschaft eine "leere Hülse" ist, also kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann.
2. Eine "leere Hülse" in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft nach Gründung und Eintragung konkrete Aktivitäten zur Planung und Vorbereitung der Aufnahme ihrer nach außen gerichteten Geschäftstätigkeit im Rahmen des statutarischen Unternehmensgegenstands trifft.
Im vorliegenden Fall war der frühere Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt worden. Ein wesentliches Indiz dafür war u.a., dass die Gesellschaft nach ihrem Jahresabschluss über keinerlei Aktiva mehr verfügt hat. Die (erneute) Aufnahme der operativen Tätigkeit Mitte des Jahres 2004 war somit eine wirtschaftliche Neugründung. Die in diesem Zusammenhang beschlossenen Änderungen des Unternehmensgegenstandes, der Firma und des Sitzes sowie der Geschäftsführerwechsel sind typische, aber keineswegs notwendige Voraussetzungen für eine Mantelverwendung. Es steht einer wirtschaftlichen Neugründung nicht entgegen, dass keine Veräußerung von Geschäftsanteilen erfolgt ist.