Nach § 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB ist Kindergeld in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes anzurechnen.
Auch BAföG-Leistungen sind als unterhaltsrechtliches Einkommen anzurechnen und mindern damit die Bedürftigkeit. Der Unterhaltsberechtigte ist gehalten, diese Leistungen in Anspruch zu nehmen.
In der Regel ist daher einem Studierenden die Inanspruchnahme von BAföG – auch als Darlehen – zumutbar (OLG Hamm, Beschl. v. 27.9.2013 – 2 WF 161/13, FamRZ 2014, 565). Bei dieser Zumutbarkeitsprüfung sind die beiderseitigen Interessen zu berücksichtigen. Das Vorliegen besonderer Umstände müsste – als Abweichung vom Regelfall – der Studierende behaupten und nachweisen. Das Kind muss dartun und belegen, dass auch bei einer rechtzeitigen Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre.
Hat es das Kind bewusst unterlassen, einen BAföG-Antrag zu stellen, muss es sich ggf. ein fiktives Einkommen i.H.d. BAföG-Leistungen anrechnen lassen (OLG Hamm, Beschl. v. 27.9.2013 – 2 WF 161/13, FamRZ 2014, 565; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.2.2009 – 2 WF 6/09, NJW-RR 2010, 8).
Das volljährige Kind ist grds. nur dann unterhaltsrechtlich verpflichtet, gegen einen ablehnenden BAföG-Bescheid Rechtsmittel einzulegen, wenn der Unterhaltspflichtige dies ausdrücklich von ihm verlangt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.5.2018 – 10 UF 101/17, FuR 2018, 412).
Hinweise:
- Allerdings kann der Unterhaltspflichtige nur dann ein entsprechendes Verlangen äußern, wenn er überhaupt Kenntnis von der Ablehnung erhalten hat und dies so zeitig erfolgt ist, dass das Kind auf seine Aufforderung auch noch unter Wahrung der Rechtsmittelfristen aktiv werden kann.
- Daher ergibt sich aus der Informationsobliegenheit des volljährigen Kindes gegenüber seinen unterhaltspflichtigen Eltern eine entsprechende Obliegenheit, den ablehnenden BAföG-Bescheid umgehend und rechtzeitig auch unter Beachtung einer Überlegungsfrist für die Eltern diesen zur Kenntnis zu geben.
Ein bei einer weiteren Ausbildung und bei Überschreiten der Förderungshöchstdauer gewährtes verzinsliches Bankdarlehen nach § 17 Abs. 3 BAföG stellt dagegen kein Einkommen i.S.d. Unterhaltsrechts dar und ist nicht auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.2.2011 – 2 UF 45/09, FamRZ 2011, 1303).
Ausbildungsvergütung ist um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf (von derzeit 100 EUR mtl.) zu kürzen. Der restliche Betrag ist als Einkommen des Kindes voll anzurechnen, vermindert also die Bedürftigkeit des Kindes.
Im Regelfall ist das unterhaltsberechtigte Kind nicht verpflichtet neben seiner Ausbildung erwerbstätig zu sein. Folglich bleibt Einkommen aus einer neben der Ausbildung ausgeübten Beschäftigung i.d.R. auch anrechnungsfrei. Auch einen Studenten trifft neben dem Studium i.d.R. keine Erwerbsobliegenheit, denn er soll sich – auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen – mit ganzer Kraft, vollem Zeiteinsatz sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit dem Studium widmen.
Arbeit in den Semesterferien oder neben dem Studium ist überobligationsmäßige Tätigkeit; die Einkünfte sind nach Billigkeit anzurechnen.
Hinweise:
- Eine während des Studiums oder der Ausbildung ausgeübte Erwerbstätigkeit kann sich sogar als schädlich für den Unterhaltsanspruch erweisen.
- Geht das Unterhalt beanspruchende Kind seinen eigenen Bekundungen in sozialen Netzwerken zufolge einer umfangreichen Beschäftigung nach, bedarf es besonderer Darlegungen, wie der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit nach einer zügigen, planvollen Ausbildung, der die gesamte Arbeitskraft uneingeschränkt gewidmet wird, genügt werden soll (KG, Beschl. v. 27.1.2014 – 17 WF 12/14, FamRZ 2014, 1645).
- Übt der unterhaltsberechtigte Studierende in nicht unerheblichem Umfang eine Nebentätigkeit aus und legt nicht dar, dass das Studium auch ohne die Nebentätigkeit länger als die Regelstudienzeit gedauert hätte, ist davon auszugehen, dass die Nebentätigkeit zu einer Verzögerung des Studiums geführt hat. Ein solcher Umstand kann aber nicht zulasten des Unterhaltsverpflichteten gehen (OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2022 – II-14 UF 192/21, FamRZ 2022, 1773).