Haben die Eltern dem Kind eine angemessene Ausbildung finanziert, haben sie ihre Unterhaltspflicht erfüllt. Daher kann das volljährige Kind nur in besonderen Ausnahmefällen von den Eltern die Finanzierung einer Zweitausbildung nach abgeschlossener Erstausbildung verlangen.
a) Zweitausbildung nach abgeschlossener Erstausbildung
Liegt eine echte Zweitausbildung (also nach einer abgeschlossenen Erstausbildung) vor, so ist eine umfassende Zumutbarkeitsabwägung vorzunehmen. Auch hier ist anwaltlicher Sachvortrag unverzichtbar.
Hinweis:
Die Abgrenzung zwischen einer bereits abgeschlossenen Erstausbildung und einer (unterhaltsrechtlich nicht geschuldeten) Zweitausbildung auf der einen Seite und der Fortsetzung einer noch nicht abgeschlossenen Erstausbildung (die unterhaltrechtlich geschuldet ist) ist im Einzelfall durchaus kompliziert. Die Darlegungslast trägt das Kind.
Beruht die Wahl der ersten Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes, kann die Zweitausbildung ausnahmsweise finanziert werden müssen.
Dabei wird die Frage, ob der Erstausbildung des Kindes eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt, die sich erst nach Beendigung dieser Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes grds. aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen persönlichen Anlagen und Neigungen zu beantworten. Um eine unangemessene Benachteiligung von sog. Spätentwicklern zu vermeiden, gilt dies aber schon dann nicht, wenn sich später herausgestellt hat, dass die zunächst getroffene Entscheidung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte (BGH, Beschl. v. 8.3.2017 – XII ZB 192/16, FamRZ 2017, 799).
Hinweise:
- Allerdings stellt sich in der Praxis dabei die Frage, wer letztlich für eine Fehleinschätzung der Begabung des Kindes verantwortlich ist.
- Ist das Kind selbst für diese Fehleinschätzung verantwortlich und hat sich – u.U. sogar gegen den Rat der Eltern – zu einer Ausbildung entschlossen, die dann fehlschlägt, müsste im Regelfall das Kind das Risiko seiner eigenen Fehleinschätzung tragen und kann von den Eltern keine Bezahlung einer Zweitausbildung verlangen (vgl. aber OLG Celle, Beschl. v. 18.4.2013 – 17 UF 17/13, NJW 2013, 2688).
b) Unterhaltspflicht der Eltern bei Drängen auf bestimmte Erstausbildung
Drängen jedoch die Eltern das Kind zu einer Ausbildung, die nicht dessen wirklichen Neigungen und Begabungen entsprochen hat und sich dann als Fehlschlag erweist, müssen sie auch für eine den Begabungen und Fähigkeiten des Kindes entsprechende erfolgreich verlaufende Zweitausbildung unterhaltsrechtlich einstehen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.11.2018 – 11 UF 159/18, FamRZ 2019, 963 m.w.N.).