„Echte” leitende Angestellte i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG genießen salopp formuliert einen Kündigungsschutz „light” (vgl. Horn, NZA 2012, 186). Vor allem die Möglichkeit der Arbeitgeberseite, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels eines unbegründeten Auflösungsantrags bei betragsmäßig begrenzter, vom Arbeitsgericht festzusetzender Abfindung zu erzwingen, nimmt dem leitenden Angestellten im Kündigungsschutzprozess das Druck- und Risikopotenzial, sich gegen den Willen des Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis einzuklagen.
Die vorbeschriebenen Einschränkungen seines bestandsbezogenen Kündigungsschutzes treffen den Arbeitnehmer aber nur dann, wenn er tatsächlich leitender Angestellter i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG ist. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen in der Person des Arbeitnehmers vorliegen, ist daher immer einzelfallbezogen sorgfältig zu prüfen. Sowohl die Bezeichnung im Arbeitsvertrag als „leitender Angestellter” als auch der Umstand, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Kreis der leitenden Angestellten zählt bzw. zählen will, sagt für sich genommen noch nichts über den kündigungsrechtlichen Status des Arbeitnehmers aus. Entscheidend ist allein, ob die rechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 KSchG vorliegen. Das heißt, der Arbeitnehmer muss als leitender Angestellter über den Einzelfall hinausgehend in erheblichem Umfang zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sein (vgl. BAG, Urt. v. 24.3.2011 – 2 AZR 674/09, NZA-RR 2012, 243).
Zur selbstständigen Einstellung und Entlassung sind nur solche Arbeitnehmer i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG berechtigt, deren entsprechende Befugnis nicht lediglich im Innenverhältnis, sondern auch im Außenverhältnis besteht. Von einer Berechtigung zur selbstständigen Einstellung kann nicht die Rede sein, wenn sie sich auf die Befugnis beschränkt, intern Vorschläge zu unterbreiten (BAG, Urt. v. 18.11.1999 – 2 AZR 903/98, NZA 2000, 427).
Die Befugnis muss entweder eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl bedeutender Arbeitnehmer erfassen. Entscheidend für den Inhalt der Personalkompetenz ist, welchen Stellenwert die Tätigkeit der Mitarbeiter, die der Betreffende einstellt oder entlässt, für das Unternehmen hat. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG können deshalb auch dann erfüllt sein, wenn sich die personellen Entscheidungskompetenzen des Angestellten auf eine abgeschlossene Gruppe beziehen, die für das Unternehmen, insb. für dessen unternehmerischen Erfolg, von Gewicht ist (BAG, Urt. v. 10.10.2002 – 2 AZR 598/01, AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123; BAG, Urt. v. 27.9.2001 – 2 AZR 176/00, NZA 2002, 1277).
Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen und darf nicht „nur auf dem Papier stehen” (BAG, Urt. v. 18.10.2000 – 2 AZR 465/99, NZA 2001, 652). Sie muss tatsächlich ausgeübt werden (BAG, 2002, a.a.O.; BAG, 2001, a.a.O.; vgl. Naber/Biedermann, NZA 2023, 746; Hromadka, Zur Definition der leitenden Angestellten in Individualarbeitsgesetzen [§ 14 Abs. 2 KSchG, § 18 Abs. 1 Ziff. 1 ArbZG], in: FS Henssler zum 70. Geburtstag, 2023, S. 267; Henssler/Lunk, NZA 2016, 1425).
Praxistipp:
„Echte” leitende Angestellte sind angesichts der hohen rechtlichen Anforderungen an diesen Status in der Praxis dünn gesät. Das sollten Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung wissen und einpreisen. Ansonsten drohen ihnen in einem Kündigungsschutzprozess unter Umständen hohe Abfindungszahlungen oder „noch schlimmer” eine Rückkehr des entlassenen „leitenden” Angestellten.