Gemäß § 25 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis (nach § 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG) nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat. In dem Beschl. v. 22.1.2024, durch den die Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wurde, stellt das BVerwG klar, dass es für das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes nicht darauf ankomme, ob eine gegenwärtige Wiederholungsgefahr für eine Straftat von erheblicher Bedeutung besteht (BVerwG, Beschl. v. 22.1.2024 – 1 C 15.23, juris). Der Ausschlussgrund sei nicht gefahren- oder präventionsabhängig konzipiert, sondern als dauerhaft wirkender Ausschlusstatbestand. Im Anschluss an Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU bezeichne er Fälle, in denen der Ausländer einer Aufenthaltsgewährung als unwürdig erachtet werde. Diese aus der Begehung einer schweren Straftat folgende „Unwürdigkeit”, einen qualifizierten Aufenthaltstitel zu erlangen, bestehe auch dann fort, wenn keine Wiederholungsgefahr (mehr) vorliege und von dem Ausländer auch sonst keine aktuellen Gefahren für den Aufenthaltsstaat ausgingen.
In der Rspr. des EuGH sei zudem geklärt, dass der Ausschlussgrund des Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der RL 2011/95/EU für sich genommen den Ausschluss von der Schutzgewährung zur Folge habe. Die Ausschlussgründe seien mit dem Ziel geschaffen worden, Personen zu exkludieren, die als des aus ihnen ergebenden Schutzes unwürdig angesehen würden, und um zu verhindern, dass diese Anerkennung den Urhebern bestimmter schwerwiegender Straftaten ermögliche, sich einer strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Mit dieser doppelten Zielsetzung wäre es nicht vereinbar, den Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung vom Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr für den Aufnahmemitgliedstaat abhängig zu machen. Diese zu den Ausschlussgründen des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b, c der Richtlinie 2004/83/EG für die Flüchtlingsanerkennung ergangene Rspr. sei unter dem Gesichtspunkt der durch die Begehung der schweren Straftat bzw. Straftat von erheblicher Bedeutung begründeten Unwürdigkeit auf den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AufenthG übertragbar.
Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit einer Auslegung des § 25 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AufenthG ohne Berücksichtigung der Aktualität einer Gefährdung sei mit der – vom OVG mit der entsprechenden Verpflichtung zur Neubescheidung bestätigten – Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu begegnen. Damit erscheine die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nicht „faktisch lebenslang” ausgeschlossen.