Die Klägerin des Verfahrens BSG (B 11 AL 5/14 R) war im Mittleren Dienst vollzeitbeschäftigt und hatte sich um eine Stelle im gehobenen Dienst beworben. Nach erfolgreichem Vorstellungsgespräch lehnte der Arbeitgeber die Einstellung unter Hinweis auf ein Gutachten des ärztlichen Dienstes ab, da der Klägerin die erforderliche gesundheitliche Eignung fehle. Hiergegen klagte die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht. Dieses Verfahren ist noch in der Berufungsinstanz anhängig.
Auch hier bestätigt das BSG die Auffassung des Berufungsgerichts, dass ein Gleichstellungsanspruch besteht, um einen geeigneten Arbeitsplatz erlangen zu können. Der Erlangenstatbestand setzt voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz anstrebt. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 SGB IX will (auch) die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) des behinderten Menschen schützen. Ferner geben Art. 27 Abs. 1 S. 2 lit. a und e UN-BRK und Art. 21, 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Hinweise zur Auslegung des § 2 Abs. 3 SGB IX, da nach diesen völkerrechtlichen und supranationalen Normen ein diskriminierungsfreier Zustand anzustreben ist. Dieser ist nicht bereits dadurch hergestellt, dass ein behinderter Mensch in irgendeiner Weise eine Tätigkeit ausüben kann, vielmehr muss auch der Zugang zu anderen bzw. der Wechsel von Berufsfeldern diskriminierungsfrei ermöglicht werden. Demnach steht auch die Tatsache, dass die Klägerin einen geeigneten Arbeitsplatz innehat, dem Anspruch auf Gleichstellung zur Erlangung eines (anderen) Arbeitsplatzes nicht entgegen. Das LSG hat fehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin für den vorliegenden Arbeitsplatz geeignet ist und auch, dass sie wegen ihrer Behinderung der Gleichstellung bedarf, da sie ohne die behinderungsbedingten Einschränkungen für den angestrebten Arbeitsplatz eingestellt worden wäre.
Hinweis:
Verfahrensrechtlich gilt: Bei der Entscheidung über die Gleichstellung ist die BA an die – nicht notwendig bereits bestandskräftige – Feststellung über den GdB gebunden. Die Gleichstellung wird regelmäßig auf unbestimmte Zeit auszusprechen sein, eine Befristung ist aber möglich, § 68 Abs. 2 S. 3 SGB IX. Die Gleichstellung wirkt nach § 68 Abs. 2 S. 2 SB IX auf den Tag des Antragseingangs zurück, s. aber zum besonderen Kündigungsschutz § 90 Abs. 2 lit. a SGB IX. Für die Beurteilung der Rechtslage kommt es auf den Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz an, was deshalb geboten ist, weil die Gleichstellung widerrufen, aufgehoben und entzogen werden kann (§§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 1 S. 2 SGB IX, §§ 47, 48 SGB X) und die in § 68 Abs. 2 S. 2 SGB IX angeordnete Rückwirkung voraussetzt, dass die Sach- und Rechtslage bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Gleichstellung rechtfertigt (und nicht später entfallen ist).
Nach Ablehnung des Antrags und Erfolglosigkeit des Widerspruchs ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zum SG zulässig. Den Arbeitgeber berechtigt weder die Ablehnung, noch die Stattgabe des Gleichstellungsantrags zur Anfechtung (BSG v. 15.12.2001 – B 11 AL 57/01 R). Gleiches gilt auch, wenn der Arbeitnehmer mit einem GdB von mindestens 50 unmittelbar vom Versorgungsamt als schwerbehinderter Mensch anerkannt wird (BSG v. 22.10.1986 – 9 a VS 3/84).