1. Bedarfsprägende Renteneinkünfte

Die Höhe des nachehelichen Unterhalts ist gem. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB so zu bemessen, dass der Unterhaltsberechtigte seine bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse aufrechterhalten kann. Maßgebend für die Bedarfsbemessung sind demnach die bestehenden Umstände zur Zeit der Ehescheidung unter Berücksichtigung der in der Ehe angelegten späteren Veränderungen (vgl. BGH FamRZ 2012, 281).

Nacheheliche Renteneinkünfte treten wirtschaftlich an die Stelle der die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Erwerbseinkünfte, wenn es sich um Versorgungsanrechte handelt, die selbst erworben worden sind. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2003, 848) hat das OLG Hamm (FamRZ 2019, 593) entschieden, dass Renteneinkünfte, die erst aufgrund der Scheidung entstehen und bis dahin aufgrund des Erwerbseinkommens des unterhaltspflichtigen Ehemannes keine prägende Wirkung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse gehabt haben, eine künstliche Erhöhung der Einkommensverhältnisse darstellen und daher nicht in die Bedarfsbestimmung einfließen.

2. Aufstockungsunterhalt

Ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB besteht nach allgemeiner Meinung nicht, wenn die Differenz der jeweils unterhaltsrelevanten Einkünfte ganz geringfügig ist. Die Bagatellgrenze wird teils mit 50 EUR angesetzt (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2006, 341), teils prozentual bemessen (vgl. OLG München FamRZ 2006, 704: 10 % des bereinigten Einkommens des Bedürftigen ohne Abzug des Erwerbstätigenbonus), teils abgestellt auf die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 1082). Das OLG Düsseldorf (FamRZ 2019, 792) vertritt die Auffassung, dass ein Aufstockungsunterhalt auch zu gewähren ist, der unterhalb eines Betrages von 50 EUR liegt, soweit bei dem anspruchsberechtigten Ehegatten beengte Einkommensverhältnisse vorliegen. Beengte Verhältnisse sind nicht anzunehmen, wenn das Einkommen des Unterhaltsbedürftigen über den notwendigen Selbstbehalt von monatlich 1.080 EUR liegt.

3. Wohnvorteil

Das OLG Brandenburg (FamRZ 2019, 793 = FuR 2019, 213 bearb. v. Viefhues) folgt der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2008, 963), dass bei der Bemessung des Wohnwertes einer selbstgenutzten Immobilie die Kreditzinsen grundsätzlich abzugsfähig sind, während eine Tilgung, soweit sie eine einseitige Vermögensbildung darstellt, unberücksichtigt bleibt. Eine Ausnahme besteht nur, soweit sie als ergänzende Altersvorsorge anzuerkennen ist.

4. Anspruch gegen den Erben

Stirbt der unterhaltspflichtige Ehegatte während des Scheidungsverfahrens und ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, weil im Todeszeitpunkt die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben waren, so hat der überlebende Ehegatte gem. § 1933 BGB einen – in einem gesonderten Verfahren geltend zu machenden – Unterhaltsanspruch gegen den Erben nach Maßgabe der §§ 15691586b BGB. Nach dieser Grundverweisung besteht ein Anspruch also nur, wenn ein entsprechender Unterhaltstatbestand vorliegt. Allgemeine Voraussetzung ist die Bedürftigkeit und das Fehlen eines Ausschlussgrundes. Im zu entscheidenden Fall hat das OLG Düsseldorf (NJW 2019, 1534 = FamRB 2019, 137 m. Hinw. Roessink) den Unterhaltsfestsetzungsantrag wegen Verjährung zurückgewiesen und eine Hemmung verneint; einen Anspruch auf rückständigen Unterhalt im Hinblick auf die Ausschlussfrist des § 1585b Abs. 3 BGB abgewiesen. Nach dieser Vorschrift kann Unterhalt für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit des Unterhaltsverlangens liegende Zeit nur unter erschwerten Umständen verlangt werden, etwa wenn der Verpflichtete sich absichtlich der Leistung entzogen hat (vgl. BGH FamRZ 2005, 1162). Auch für den Unterhaltsanspruch des § 1933 BGB gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren. Eine Hemmung der Verjährung des Unterhaltsanspruchs gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt voraus, dass eine den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechende Antragsschrift zugestellt wurde.

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