Während des laufenden Mietverhältnisses besteht zwischen den Parteien ein auftragsähnliches, treuhänderisches Verhältnis nach §§ 662 ff. BGB über die treuhänderische Verwaltung der Mietkaution durch den Vermieter als Sicherheitsnehmer. Der Vermieter darf nach vorzugswürdiger Ansicht während des laufenden Mietverhältnisses auf die Mietkaution nur bei unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Ansprüchen zugreifen, mit der potenziellen Folge, dass der Mieter sodann zur Nachleistung des insoweit verbrauchten Teils der Mietkaution verpflichtet sein kann (BGH, Urt. v. 7.5.2014 – VIII ZR 234/13, NJW 2014, 2496; LG Darmstadt, Beschl. v. 11.9.2007 – 25 S 135/07, WuM 2008, 726; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 551 BGB Rn 91; a.A. LG Berlin, Urt. v. 2.6.2003 – 67 S 378/02, GE 2003, 1161). Diese Verpflichtung ergibt sich sodann unmittelbar aus der Kautionsabrede der Parteien und bedarf keiner expliziten Vereinbarung (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 551 BGB Rn 91). Hat der Vermieter sich dennoch während des Mietverhältnisses wegen einer streitigen Forderung aus der Kaution befriedigt, steht dem Mieter ein Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution gegen den Vermieter zu, weil nur so eine Insolvenzfestigkeit der gesamten Kaution gesichert ist und der Vermieter gegen seine treuhänderische Pflicht verstoßen hat (Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2021, § 551 BGB Rn 25 ff.). Der Mieter kann auch nicht auf die Kaution zugreifen, insb. darf er die Kaution nicht „abwohnen”, worunter zu verstehen ist, dass der Mieter drei Monate vor Vertragsende die Mietzahlungen einstellt und den Vermieter auf die Kaution verweist. Ein solches Verhalten verstößt gegen die Sicherheitsabrede des Vertrages und ist jedenfalls treuwidrig nach § 242 BGB (AG München, Urt. v. 5.4.2016 – 432 C 1707/16 u. AG München, Urt. v. 3.8.2017 – 472 C 9116/17, beide rechtskräftig; LG München, Urt. v. 17.7.1996 – 14 S 5138/96, WuM 1996, 541; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 551 BGB Rn 91).
Praxishinweis:
In der mietrichterlichen Praxis spielt die Mietkaution während eines bestehenden Mietverhältnisses so gut wie keine Rolle. Auf Vermieterseite ist zu beachten, dass in den seltensten Fällen unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen bestehen, da der Mieter sich in aller Regel gegen beispielsweise aufgelaufene Mietrückstände auf Mietminderungen oder Ähnliches berufen wird. Auf Mieterseite ist zu berücksichtigen, dass bei einer berechtigten Inanspruchnahme der Kaution durch den Vermieter in Höhe von 2 vollen Monatsmieten aufgrund des oben beschriebenen Anspruchs des Vermieters auf Wiederauffüllung der Kaution ein möglicher eigenständiger außerordentlicher Kündigungsgrund nach §§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB entstehen kann, für welchen zwar das grundsätzliche Abmahnerfordernis nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB, nicht aber die Heilungsmöglichkeit nach § 569 Abs. 2a S. 4 i.V.m. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gilt (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 569 BGB Rn 32e ff. unter dem zutreffenden Hinweis, dass ein Kündigungsrecht aus § 569 Abs. 2a BGB in einem solchen Fall nach der Gesetzgeberbegründung gerade nicht vorliegt).