In Literatur und Rechtsprechung war bis zuletzt hoch umstritten, ob die vom Mieter geleistete Barkaution dem Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Befriedigungs- und Verwertungsrecht zubilligt und dem Vermieter insb. eine Aufrechnung mit (auch) streitigen Gegenforderungen ermöglicht oder ob der Mietkaution auch nach Beendigung des Mietverhältnisses, ebenso wie während der Dauer des jeweiligen Mietverhältnisses (s. oben), nur eine Sicherungsfunktion zuzuschreiben ist, sodass der Vermieter nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Ansprüchen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen kann (Eine gute Zusammenfassung bietet Schreiber, AnwZert MietR 21/2019 Anm. 1; vgl. auch Flatow, AnwZert MietR 11/2019 Anm. 4 mit einer guten Zusammenfassung der abweichenden Instanzenentscheidungen des AG und LG Dortmund sowie des LG Krefeld im Vorfeld der jüngsten BGH-Entscheidung).
Nach jüngster höchstrichterlicher Rechtsprechung steht dem Vermieter nach beendetem Mietverhältnis nunmehr das Verwertungsrecht ausdrücklich auch für bestrittene Forderungen zur Seite (BGH, Urt. v. 24.7.2019 – VIII ZR 141/17, NZM 2019, 754; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.8.2008 – 8 W 34/08, NJW-RR 2009, 514; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 551 BGB Rn 100; a.A. Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2021, § 551 BGB Rn 36). Der Entscheidung des BGH ist ausdrücklich zuzustimmen. Die Interessen des Mieters sind letztlich dadurch ausreichend geschützt, dass dieser bei einer fehlenden Kautionsabrechnung Stufenklage auf Abrechnung und Rückzahlung (§ 254 ZPO) oder alternativ gleich Leistungsklage auf Kautionsrückzahlung erheben kann.
Praxishinweis:
In der Praxis wird häufig der rechtlich korrekte Weg einer Stufenklage durch den Mieter gewählt, wenn der Vermieter keine Kautionsabrechnung innerhalb angemessener Zeit erteilt. Vor dem Hintergrund des zeitlichen Horizonts einer Stufenklage, bei der zuerst nur über die 1. Stufe, nämlich die Erstellung einer Kautionsabrechnung in einem Teilurteil ohne Kostenausspruch entschieden wird, kann nur dringend angeraten werden, als Mieter zugleich eine bezifferte Leistungsklage zu erheben, in welche zugestandene Abzugskosten wie Beschädigungen, nicht erfolgte Schönheitsreparaturen oder auch ein angemessener Zurückbehalt für eine noch ausstehende Nebenkostenabrechnung einberechnet wird. Die gerichtliche Praxis zeigt zudem, dass bei Erhebung einer solchen Leistungsklage des Mieters der anwaltlich vertretene Vermieter spätestens i.R.d. Klageerwiderung eine Kautionsabrechnung vornehmen wird, wodurch die 1. Stufe der Stufenklage obsolet wird.
Mit Eintritt der Bedingung „Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe des Mietobjekts” wird der Rückzahlungsanspruch zwar erfüllbar, aber noch nicht fällig. Ohne eine explizite vertragliche Regelung wird der Kautionsrückzahlungsanspruch erst fällig, wenn der Vermieter über die Kaution in einer angemessenen Frist nach Maßgabe von § 259 BGB abrechnet und dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Kaution befriedigen darf (So die nach wie vor h.M. in Literatur und Rechtsprechung: BGH, Urt. v. 24.7.2019 – VIII ZR 141/17, NZM 2019, 754; BGH, Vers.-Urt. v. 20.7.2016 – VIII ZR 263/14, WuM 2016, 620; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 551 BGB Rn 95; Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2021, § 551 BGB Rn 31 f.). Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 24.7.2019 – VIII ZR 141/17, NZM 2019, 754) steht damit fest, dass bei der am häufigsten vereinbarten Barkaution der Kautionsrückzahlungsanspruch frühestens mit Zugang der Kautionsabrechnung beim Mieter fällig werden soll, da der Vermieter erst durch Vornahme seiner Abrechnung zeige, dass er keine weitere Prüfungsfrist zur Ermittlung der ihm möglicherweise zustehenden Forderungen benötige.
Praxishinweis:
Ob der BGH seine Aussage in der oben zitierten Entscheidung, der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters werde frühestens mit Vorlage einer Kautionsabrechnung fällig, tatsächlich so gemeint hat, darf mit guten Gründen bezweifelt werden, weil es nicht im Belieben einer Mietvertragspartei (hier dem Vermieter) stehen kann, die Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs durch Hinausschieben der Abrechnung zu verhindern. Nach hier vertretener Auffassung kann der Mieter den Vermieter nach einer angemessenen Frist von 2-3 Monaten auffordern, über die Kaution abzurechnen und hierzu eine wiederum angemessene Frist setzen. Nur wenn der Vermieter schlüssige Gründe erwidert, die ein weiteres Hinausschieben der Kautionsabrechnung rechtfertigen (z.B. Schadensregulierung der Versicherung o.Ä.), kommt der Vermieter nicht in Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB. Ohne einen angemessenen Grund kommt der Vermieter nach hier vertretener Auffassung in Annahmeverzug, sodass der Mieter ohne Weiteres einen fälligen Anspruch auf Kautionsrückzahlung hat.
1. Grundsätzliche Anforderungen an eine Kautionsabrechnung des Vermieters
Der Vermieter muss bei seiner Abrechnung der Mietkaution bestimmte Form- und Inhaltserfordernisse erfüllen sow...