In seinem Urteil vom 22.2.2018 (a.a.O., AGS 23018, 165 = RVGreport 2018, 218 [Hansens]) hat der IX. Zivilsenat des BGH die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Anwälte, stelle weder ein Betreiben eines Geschäfts noch die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags i.S.d. Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG dar. Dies hat der BGH seinerzeit damit begründet, die Beratung und der Entwurf eines Testaments beträfen jeweils nur den Mandanten, der das Testament errichten wolle. Gleiches gelte auch für das in jenem Fall vorliegende auftragsgemäße Entwerfen zweier aufeinander abgestimmter Testamente. Der BGH hat im Urteil vom 22.2.2018 argumentiert, beide in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Personen hätten den Rechtsanwälten den Auftrag erteilt, sodass Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit kein außerhalb des Mandats stehender Dritter gewesen sei. Auch die Mitwirkung an einem Vertrag i.S.d. Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG sei in jenem Fall ausgeschieden, weil die beiden Testamente zwar aufeinander bezogen waren, jedoch keine rechtlichen Bindungen erzeugten.

In seinem aktuellen Urteil vom 15.4.2021 (a.a.O., NJW 2021, 1680 = AGS 2021, 269 [Hansens]) hat der IX. Zivilsenat des BGH diese Argumente wieder aufgegriffen. Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments stelle nämlich kein Betreiben eines Geschäfts im Sinne einer nach außen gerichteten Tätigkeit dar. Sie betreffe nur die Eheleute oder Lebenspartner, die das gemeinschaftliche Testament errichten. Diese seien die Auftraggeber des Rechtsanwalts, der nicht die Interessen des einen gegenüber dem anderen Teil vertrete, was im Übrigen auch im Hinblick auf das in § 43a Abs. 4 BRAO geregelte Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, bedenklich wäre. Der BGH hat ferner darauf hingewiesen, dass eine Vertretung der Eheleute oder Lebenspartner gegenüber außerhalb des Mandatsverhältnisses stehenden Dritten ebenfalls nicht stattfinden würde.

Bei dem Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments handelt es sich nach den weiteren Ausführungen des BGH in seinem Urteil vom 15.4.2021 auch nicht um eine Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Gestaltung eines Vertrags. Dies hat der BGH damit begründet, dass ein gemeinschaftliches Testament keinen Vertrag darstelle. Das gelte auch dahin, wenn es wechselbezügliche Verfügungen enthalte. Ein Vertrag erfordere die Abgabe zweier aufeinander bezogener korrespondierender Willenserklärungen, nämlich eines Angebots und einer Annahme. Dies liege bei einem Testament nicht vor, da dieses durch eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Erklärung des Testierenden errichtet werde. Nach der Legaldefinition des § 1937 BGB stelle das Testament eine einseitige Verfügung von Todes wegen dar. Ein gemeinschaftliches Testament enthalte einseitige Verfügungen beider Ehegatten oder Lebenspartner. Dies erfolge jedoch durch einseitige Erklärungen beider Eheleute oder Lebenspartner, nicht hingegen durch Angebot und Annahme, die gegenüber dem jeweils anderen Teil zu erklären wären.

Der BGH hat schließlich eine erweiternde Auslegung der Regelung in Nr. 2300 VV RVG über die in der Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG genannten Fälle abgelehnt. Die Mitwirkung an einer Vertragsgestaltung ohne Tätigkeit nach außen habe ohnehin als zusätzliche Fallgruppe einer Geschäftsgebühr Ausnahmecharakter.

Eine solche erweiternde Auslegung sei auch nicht deshalb geboten, weil der Rechtsanwalt nur auf diese Weise eine angemessene Vergütung erreichen könnte. Vielmehr ermögliche die Anwendung des § 34 RVG dem Anwalt eine angemessene Vergütung. Für die in § 34 Abs. 1 S. 1 RVG vorgesehene Gebührenvereinbarung gebe es für deren Höhe keine Vorgaben. Der Anwalt könne deshalb dem Mandanten den Abschluss einer Gebührenvereinbarung vorschlagen, die eine angemessene Vergütung seines Aufwandes vorsehe. Sei der Mandant mit der vorgeschlagenen Vereinbarung nicht einverstanden, könne der Rechtsanwalt das Mandat ablehnen.

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