Stellt sich im Verfahren die Frage, ob ein Ablehnungsantrag gestellt werden soll, muss sich der Verteidiger/Rechtsanwalt mit seinem Mandanten auf jeden Fall beraten. Denn das Ablehnungsrecht ist ein Recht des Angeklagten, nicht des Verteidigers (§ 24 Abs. 2 StPO; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Aufl., 2022, Rn 16 ff. m.w.N. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 10. Aufl., 2022, Rn 81 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, HV]). Der Verteidiger muss den Mandanten einerseits auf das Kostenrisiko eines erfolgreichen Antrags hinweisen, wenn die Hauptverhandlung ggf. ausgesetzt und neu begonnen werden muss. Andererseits muss er ihn belehren, dass der Ablehnungsantrag darüber hinaus sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein kann. Denn der Mandant muss bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass der Erfolg eines Ablehnungsgesuchs einerseits zwar häufig den Ausgang des Verfahrens entscheidend beeinflussen kann, andererseits aber der (erfolglose) Ablehnungsantrag ebenso häufig die Stimmung in der Hauptverhandlung nachteilig verändert. Richter, insb. ehrenamtliche Richter, empfinden den Antrag nämlich meist (immer noch) als persönlichen Angriff auf ihre Integrität. Auch ist der – erfolglos abgelehnte – Richter nach einem solchen Antrag vermittelnden Gesprächen durchweg nicht mehr zugänglich. Diesen Gefahren muss der Verteidiger u.a. dadurch begegnen, dass er das Mittel der Ablehnung nicht über Gebühr strapaziert, sondern grds. nur in den Fällen einen Ablehnungsantrag stellt bzw. seinem Mandanten rät, einen zu stellen, in denen er keine andere Wahl mehr hat, als so zum Ausdruck zu bringen, dass eine vorurteilsfreie Überzeugungsbildung in dem laufenden Verfahren offensichtlich nicht mehr möglich ist.
Hinweis:
Zudem muss der Verteidiger den Antrag selbst maßvoll, sachlich und ohne persönliche Angriffe gegen den abgelehnten Richter formulieren (Burhoff, HV, Rn 67).