Noch 1969 hatte das BVerfG festgestellt, dass aus Art. 14 Abs. 1 GG weder eine staatliche Wertgarantie des Geldes noch das währungs- und wirtschaftspolitische Leitbild, die Vorstellung eines stabilen Geldwerts zu verwirklichen, folgt (BVerfG, Beschl. v. 21.1.1969 – 1 BvR 346/68). Allerdings bezog sich dieser Beschluss auf die gesteigerte Inflationsanfälligkeit der Einkunftsart "Kapitalvermögen" bei der Besteuerung. 2014 hat das BVerfG diese Linie verlassen und ausgeführt: "Es ist regelmäßig nicht Aufgabe des BVerfG, im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen auf negative Folgewirkungen für die Geldwertstabilität zu überprüfen. Eine solche Kontrolle kommt allenfalls in Grenzfällen einer evidenten Minderung des Geldwerts durch Maßnahmen der öffentlichen Gewalt in Betracht" (BVerfG, Urt. v. 18.3.2014 – 2âEUR™BvR 1390/12 u.a., NJW 2014, 1505, Rn 131). Eine solche Maßnahme könnte die Geldpolitik der EZB sein, denn manche sehen in der o.g. unkonventionellen Geldpolitik, v.a. der EZB und der amerikanischen Notenbank (FED) eine (Mit-)Ursache der aktuellen Inflation (vgl. Sinn, a.a.O., S. 238 ff.). Durch diese Geldpolitik kam es nämlich zu einer erheblichen Ausweitung der Zentralbankgeldmenge (ca. eine Versechsfachung zwischen Mitte 2008 und Ende 2022 auf fast 5 Bio. EUR bei der EZB – vgl. Sinn, a.a.O., S. 224, Merk, a.a.O., S. 159), die mitursächlich für den erheblichen Anstieg der Inflation ab 2021 sein soll und durch die Störung der weltweiten Lieferketten aufgrund der Corona-Pandemie und dem nicht-monetären Angebotsschock im Energiebereich im Jahr 2022 begünstigt wurde (vgl. Merk, a.a.O., S. 159). Hinzu kam, dass die Fiskalpolitik den Pfad der Tugend durch ihre massiven Ausgaben bzw. Schuldenaufnahme verließ. Diese Zentralbankgeldausweitung war deswegen möglich, weil nationale Notenbanken unbegrenzt Geld in ihrer eigenen Währung schaffen können, denn sie können – jeweils nach eigenem Ermessen – Bargeld herstellen und/oder Geschäftsbanken Gutschriften auf deren Konten bei der Notenbank (= Zentralbankgeld), die dann wiederum zum Zahlungsausgleich der Geschäftsbanken untereinander genutzt werden (= sog. Arbeitsguthaben der Banken, vgl. Bauer, a.a.O., S. 107 ff.), einräumen. Diese Guthaben auf den Zentralbankkonten sind die eigentliche "Liquidität" der Banken. Erst durch die jederzeitige 1:1-Umtauschmöglichkeit in Bargeld, also Geld der Zentralbank, gewinnt und behält das Bankengeld (z.B. Sicht-, Termin- und Spareinlagen) seinen Wert. Das Vertrauen in Zentralbankgeld wird durch diese 1:1-Brücke auf das Geld in Form von Bankguthaben übertragen. Inflation untergräbt gleichermaßen das Vertrauen in Zentralbankgeld und Bankengeld.
Dass in dieser exklusiven Befugnis und Macht der Notenbanken eine besondere Gefahr für die Geldwertstabilität liegt, ist offenkundig. Deswegen sind die rechtlichen Regeln für die Euro-Zone eindeutig. Art. 123 AEUV verbietet eine direkte Staatsfinanzierung ("durch die Notenpresse") durch die Notenbank. Es wäre illegal, wenn ein Staat zur Deckung seiner Ausgaben direkt die EZB bzw. nationalen Notenbanken bemüht, sei es, dass die Notenbank dem Staat direkt eine Gutschrift auf dessen Konto gewährt, die dieser dann für Ausgaben nutzen kann, oder sei es, dass die Notenbank dem Staat Staatsanleihen abkauft und dafür dessen Konto mit dem entsprechenden Gegenwert füllt. Art. 125 AEUV (No-Bailout-Klausel) stellt klar, dass kein Staat der Euro-Zone für den anderen haftet. Art. 108 AEUV bestimmt die Unabhängigkeit der Notenbank. Art. 127 Abs. 1 S. 2 AEUV legt fest, dass eine Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Union nur zulässig ist, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist.
Kurz gesagt: Wenn der Staat sich das Geld selbst drucken kann bzw. sich unbegrenzt Kredit bei der Zentralbank beschafft, würde der Geldwert zwangsläufig sinken und das Vertrauen in die Währung (dementsprechend) verloren gehen.
Durch die Anleihekaufprogramme auf dem erlaubten Sekundärmarkt (also Käufe von Banken) sind nun die nationalen Notenbanken zum größten Gläubiger ihrer eigenen Staaten geworden, denn nunmehr schulden die Staaten die Rückzahlungen den Notenbanken, die die Anleihen nun besitzen, sodass die Nähe zur (verbotenen) unmittelbaren Staatsfinanzierung offensichtlich ist. Deswegen erlaubte das BVerfG eine Mitwirkung der Bundesbank nur, wenn und soweit die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Maßgaben erfüllt sind (u.a. kein Halten bis zur Endfälligkeit, BVerfG, Urt. v. 21.6.2016 – BvR 2728/13 u.a.).
Art. 88 S. 2 GG legte die Preisstabilität als verfassungsrechtliche Grundvoraussetzung der Übertragung der Aufgaben der Bundesbank auf die EZB fest, wie dies auch in Art. 127 Abs. 1 S. 1 AEUV ausdrücklich festgelegt wurde und die EZB darf nur innerhalb der Grenzen ihrer Befugnisse (= Priorität der Preisstabilität) handeln, gemäß dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 Abs. 2 EUV (vgl. Merk, EuZW 20...