I. Vorbemerkung
Am 25.7.2105 ist das "Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe v. 17.7.2015" (BGBl I, S. 1332) in Kraft getreten. Mit Inkrafttreten des Gesetzes ist neben einer klarstellenden Einfügung in § 53 RVG auch die wohl übersehene Anpassung des Gebührenrahmens in Teil 5 – Bußgeldsachen – VV RVG an die Punktereform 2014 vorgenommen worden.
II. Abrechnung als Wahlverteidiger
Bisher war die Frage, ob das Verbot des § 53 Abs. 2 S. 1 RVG für den Rechtsanwalt nur in seiner Eigenschaft als bestellter Beistand oder für ihn generell gilt mit der Folge, dass eine nachträgliche Bestellung als Beistand rückwirkend zum Wegfall der Wahlanwaltsvergütung führt und eine weitere Wahlanwaltsvergütung hindert, nicht eindeutig geklärt (vgl. dazu AnwK-RVG/N. Schneider, § 53 Rn. 6; so wohl Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl. 2014, § 53 Rn. 36; nicht ganz eindeutig Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 21. Aufl. 2013, Rn. 9). Die durch Art. 5 des "Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe" vorgenommene Einfügung in § 53 Abs. 2 S. 1 RVG stellt diese Problematik nun (ausdrücklich) klar. In § 53 Abs. 2 S.1 RVG n.F. sind nach den Wörtern "eines gewählten Beistands" die Wörter "aufgrund seiner Bestellung" eingefügt worden.
Damit folgt nun eindeutig und zweifelsfrei aus dem RVG, dass ein wirksam entstandener vertraglicher Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht durch eine spätere Beiordnung des Rechtsanwalts zum Beistand entfällt (so OLG Düsseldorf JurBüro 1984, 567 = Rpfleger 1984, 287 = StV 1984, 290 = AnwBl. 1984, 264 für Wahlverteidiger/Pflichtverteidiger).
Das Gesetz ist am 25.7.2015 in Kraft getreten. Probleme für Altverfahren ergeben sich nicht. Die Übergangsregelung des § 60 Abs. 1 RVG spielt keine Rolle, da es sich nicht um eine "Gesetzesänderung", sondern um eine Klarstellung handelt (so ausdrücklich BT-Drucks. 18/3562, S. 93).
III. Teil 5 VV RVG – Bußgeldsachen
1. Änderungen
Mit der Änderung des § 28 Abs. 3 Nr. 3 des StVG durch Art. 1 des "Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze" vom 28.8.2013 (BGBl. I S. 3313; sog. Punktereform) ist die Grenze für Eintragungen in das Fahreignungsregister (FAER; früher: Verkehrszentralregister) von 40 EUR auf 60 EUR erhöht worden. Die frühere Eintragungsgrenze von 40 EUR war 2004 der Anlass für die niedrigere Gebührenhöhe in der ersten Stufe der anwaltlichen Gebühren im (straßenverkehrsrechtlichen) Bußgeldverfahren, wenn die Höhe des Bußgeldes 40 EUR nicht überstieg (vgl. dazu vgl. dazu BT-Drucks. 15/1971, S. 230).
Hinweis:
Diese Erhöhung der Grenze für Eintragungen im FAER ist bei der Punktereform 2014 im RVG nicht umgesetzt bzw. übersehen worden. Die entsprechenden Gebührentatbestände sind nun angepasst worden. In den Nr. 5101, 5103, 5107 und 5109 VV RVG ist der Grenzwert für die erste Gebührenstufe von 40 EUR auf 60 EUR angehoben worden.
Teil 5: Bußgeldsachen
Nr. |
Gebührentatbestand |
Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 oder § 49 RVG |
Wahlanwalt |
gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt |
Abschnitt 1 Gebühren des Verteidigers |
Unterabschnitt 2 Verfahren vor der Verwaltungsbehörde |
Vorbemerkung 5.1.2: (1) Zu dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde gehört auch das Verwarnungsverfahren und das Zwischenverfahren (§ 69 OWiG) bis zum Eingang der Akten bei Gericht. (2) Die Terminsgebühr entsteht auch für die Teilnahme an Vernehmungen vor der Polizei oder der Verwaltungsbehörde. |
5101 |
Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von weniger als 60,00 EUR |
20,00 bis 110,00 EUR |
52,00 EUR |
5102 |
Terminsgebühr für jeden Tag, an dem ein Termin in den in Nummer 5101 genannten Verfahren stattfindet |
20,00 bis 110,00 EUR |
52,00 EUR |
5103 |
Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von 60,00 EUR bis 5 000,00 EUR |
30,00 bis 290,00 EUR |
128,00 EUR |
5104 |
Terminsgebühr für jeden Tag, an dem ein Termin in den in Nummer 5103 genannten Verfahren stattfindet |
30,00 bis 290,00 EUR |
128,00 EUR |
5105 |
Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von mehr als 5 000,00 EUR |
40,00 bis 300,00 EUR |
136,00 EUR |
5106 |
Terminsgebühr für jeden Tag, an dem ein Termin in den in Nummer 5105 genannten Verfahren stattfindet |
40,00 bis 300,00 EUR |
136,00 EUR |
Unterabschnitt 3 Gerichtliches Verfahren im ersten Rechtszug |
Vorbemerkung 5.1.3: (1) Die Terminsgebühr entsteht auch für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen außerhalb der Hauptverhandlung. (2) Die Gebühren dieses Unterabschnitts entstehen für das Wiederaufnahmeverfahren einschließlich seiner Vorbereitung gesondert; die Verfahrensgebühr entsteht auch, wenn von der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags abgeraten wird. |
5107 |
Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von weniger als 60,00 EUR |
20,00 bis 110,00 EUR |
52,00 EUR |
5108 |
Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag in den in Nummer 5107 genannten Verfahren |
20,00 bis 240,00 EUR |
104,00 EUR |
5109 |
Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von 60,00 EUR bis 5 000,00 EUR |
30,00 bis 290,00 EUR |
128,00 EUR |