Der BGH wählt in seiner Urteilsbegründung einen auf den ersten Blick verwirrenden zweistufigen Entscheidungsaufbau. Entgegen der gesetzlichen Systematik prüft und verneint er zunächst das Vorliegen des Erlaubnistatbestands des § 5 Abs. 1 RDG, wobei auch der Tatbestand der Interessenkollision gem. § 4 RDG angesprochen wird. Erst dann geht er auf die gedanklich vorrangige Frage ein, ob und inwiefern eine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG erbracht wurde, der Anwendungsbereich des RDG also überhaupt eröffnet ist.
Zulässigkeit der vorgenommenen Tätigkeit als Nebenleistung i.S.d. § 5 RDG
Nach Auffassung des BGH ist der Erlaubnistatbestand des § 5 Abs. 1 RDG nicht erfüllt, da die durch das beklagte Maklerunternehmen vorgenommene Doppeltätigkeit sowohl für den Versicherungsnehmer bei der Vermittlung des Versicherungsvertrags als auch für den Versicherer im Rahmen der Schadensregulierung nicht als erlaubte, zum in § 59 Abs. 3 VVG gesetzlich definierten Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Versicherungsmaklers gehörende schadensregulierende Nebenleistung angesehen werden könne.
Die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt, ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 RDG nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang der Leistung mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Vorliegend bestehe, so der BGH, zwischen dem Schreiben der Beklagten und dem vermittelten Versicherungsvertrag zwar ein sachlicher Zusammenhang. § 34d Abs. 1 GewO bringe jedoch zum Ausdruck, dass der Versicherungsmakler treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers sei und in dessen Lager stehe. Dies habe zur Folge, dass er als Nebenleistung i.S.d. § 5 RDG zwar für den Versicherungsnehmer, nicht aber (auch) für den Versicherer schadensregulierend tätig werden dürfe.
Als weiteres Indiz für die Unzulässigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG stellt der BGH darauf ab, dass die Leistung des beklagten Maklerunternehmens gerade nicht aufgrund einer Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer als Auftraggeber der Haupttätigkeit erbracht wurde, sondern auf einem gesondert vergüteten entgeltlichen Vertrag mit der Versicherung beruhte. Zudem würden für die Haupttätigkeit als Versicherungsmakler ganz andere Rechtskenntnisse benötigt als für die hier vorgenommene Schadensregulierung.
Der Senat bejaht außerdem einen Verstoß gegen § 4 RDG, da sich der Versicherungsmakler in einen Interessenkonflikt begebe, wenn er die Rechtsdienstleistung der Schadensregulierung für den Versicherer übernehme, obwohl er verpflichtet sei, den Versicherungsnehmer bei der Schadensregulierung zu unterstützen. Der Versicherer sei nämlich regelmäßig daran interessiert, den von ihm zu zahlenden Betrag für die Schadensregulierung so niedrig wie möglich zu halten, wohingegen dem Versicherungsnehmer (zumindest auch) daran gelegen sei, einen Schaden möglichst rasch und unproblematisch, aber nicht notwendigerweise kosteneffizient, abzuwickeln. Für ihn gehe es häufig auch darum, einen geschädigten Kunden zu halten oder eine Rufschädigung abzuwehren. Maklerunternehmen könnten sich daher verpflichtet fühlen, im Interesse des Versicherungsnehmers (nicht aber des Versicherers) einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Ersatzbetrag an den Geschädigten zu zahlen.
Dieser potentielle Interessenkonflikt lässt sich nach Auffassung des BGH nicht unter Berufung auf eine neutrale Mittlerfunktion des Versicherungsmaklers zwischen den Parteien des Versicherungsvertrags auflösen. Die Neutralität des Versicherungsmaklers sei schon deshalb gefährdet, da er der Versuchung erliegen könnte, zulasten des Versicherungsnehmers dem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Anreiz nachzugeben, ausschließlich im Interesse des Versicherers zu handeln, weil ihm dieser eine regelmäßige schadensregulierende Tätigkeit und damit eine dauerhafte Einnahmequelle offeriert.
Vorliegen einer erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG
Die Berufungsinstanz hatte noch offen gelassen, ob die konkrete Tätigkeit des Versicherungsmaklers überhaupt eine Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 RDG darstellt (vgl. OLG Köln VersR 2015, 1181, 1182). Der BGH bejaht dies und geht folgerichtig von einem Verstoß gegen das in § 3 RDG angeordnete Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aus.
So habe der Versicherungsmakler, indem er dem Geschädigten mitteilte, wie hoch sein Schadensersatzanspruch sei, eine auf den Einzelfall bezogene rechtliche Auskunft erteilt. Hierin müsse man – selbst wenn nur ein Rückgriff auf ein für den konkreten Fall angepasstes Musterschreiben erfolgte – eine rechtliche Prüfung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG sehen. Dieser Begriff erfasse nämlich jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgehe. Es kommt dem BGH zufolge nicht darauf an, ob sich die Prüfung auf eine einfache oder schwierige Rechtsfrage bezieht. Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 RDG ...