Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so wird diese durch die Zustellung des Scheidungsantrags beendet. Von diesem Tag an erfolgt keine Beteiligung des Ehegatten mehr am gegenseitigen Vermögenszuwachs.
a) Gesetzlicher Güterstand oder Regelung durch Ehevertrag?
Besteht keine abweichende Regelung durch notariellen Ehevertrag (§§ 1408, 1410 BGB), kann bei Scheidung der Ehe der Zugewinnausgleich durchgeführt werden.
Praxishinweise:
- Ehevertragliche Regelungen werden gelegentlich auch im Zusammenhang mit anderen Verträgen geschlossen. So kommt es vor, dass Eheleute gemeinsam ein Eigenheim kaufen und in diesem Vertrag auch – ganz nebenbei – Gütertrennung vereinbart wird.
- Fragen Sie Ihren Mandanten ganz pauschal, ob er jemals zusammen mit seinem Ehepartner beim Notar gewesen ist!
- Lassen Sie sich ggf. den Vertrag vorlegen! Es ist wahrscheinlich, dass ein Ehegatte keine Detailkenntnis mehr über den bereits vor vielen Jahren geschlossenen Vertrag hat. Bevor Sie viel Arbeit in den Zugewinnausgleich stecken, sollte klar sein, dass nicht etwa Gütertrennung vereinbart worden ist.
b) Stichtag für den Zugewinnausgleich
Das Datum der Zustellung des Scheidungsantrags ist der entscheidende Stichtag für den Zugewinnausgleich.
Praxishinweise:
- Lassen Sie sich vom Gericht das genaue Datum der Zustellung mitteilen. Das ist nicht identisch mit dem vom Familiengericht automatisch mitgeteilten Ende der Ehezeit.
- Arbeiten Sie nicht mit einem "ungenauen" Datum. Werden erst Vermögensauskünfte von Banken und Versicherungen eingeholt zu einem Datum, das sich später als nicht korrekt herausstellt, ist die ganze Arbeit vergebens. Im Streitfall müssen alle Auskünfte zum richtigen Datum erneut eingeholt werden.
- In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass die Parteien einvernehmlich bei ihren Berechnungen von einem anderen Datum ausgehen. Bei Zustellung kurz vor oder nach der Jahreswende ist die Versuchung groß, die von den Banken ohnehin zum 31.12. erstellten Abrechnungen zugrunde zu legen.
- Beachten Sie aber, dass Vereinbarungen über einen anderen Zeitpunkt formbedürftig sind, also der notariellen Beurkundung oder der Form eines Prozessvergleichs (§ 1378 Abs. 3 S. 2 BGB) bedürfen. Ohne diese Form ist eine entsprechende Vereinbarung nicht verbindlich!
- Hat nur der Gegner einen Scheidungsantrag eingereicht, so prüfen Sie, ob verhindert werden soll, dass die Gegenseite durch einseitige Rücknahme des Scheidungsantrags den Stichtag für den Zugewinn zunichtemachen kann. Dann muss ein eigener Scheidungsantrag gestellt werden.
c) Auskunftsanspruch
Ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags besteht ein Auskunftsanspruch (§ 1379 BGB) hinsichtlich des Anfangsvermögens zum Zeitpunkt der Eheschließung und des Endvermögens zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags. Zum Vermögen gehören auch Verbindlichkeiten (vgl. § 1374 BGB).
Praxishinweise:
- Beim Auskunftsantrag ist ein bestimmter Antrag zu stellen, in dem die begehrte Auskunft genau bezeichnet wird. Andernfalls ist der Antrag bereits unzulässig!
- Die Auskunft muss nicht zwingend persönlich erteilt werden, vielmehr kann sich der Auskunftspflichtige dazu auch eines Erfüllungsgehilfen bedienen.
- Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft ändern nichts daran, dass die Auskunft erteilt worden ist.
- Auch die Fehlanzeige ("kein Vermögen vorhanden") ist eine Auskunft.
- Bei der Verpflichtung zur Vorlage von Belegen handelt es sich um einen gesonderten Anspruch, der auch eigens beantragt werden muss. Die gewünschten Belege sind im Antrag genau aufzuführen! Geschieht dies nicht, so scheitert später die Zwangsvollstreckung.
Wer zur Auskunft verpflichtet ist, hat eine systematische Zusammenstellung aller erforderlichen Angaben zu erstellen, um dem Gegner ohne übermäßigen Aufwand eine Berechnung zu ermöglichen (BGH, Beschl. v. 22.10.2014 – XII ZB 385/13, NJW 2014, 3647). Die Einreichung mehrerer Unterlagen, aus denen die Daten im Einzelnen zu ermitteln sind, genügt nicht; vielmehr ist eine in sich geschlossene schriftliche Aufstellung erforderlich.