Dem Vermieter steht gegenüber dem Mieter ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, die zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens gilt, zu. Da die ortsübliche Vergleichsmiete immer aus den Mieten der letzten vier Jahre, gerechnet vom Zugangszeitpunkt der Erklärung rückwärts, gebildet wird, ist sie nicht statisch, sondern vor allem in angespannten Wohnungsmärkten dynamisch. Deshalb können Mietspiegel bereits systemimmanent die ortsübliche Vergleichsmiete zum maßgeblichen Stichtag nicht angeben, da sie auf einer Datenerhebung zu einem anderen, mehr oder weniger weit, in der Vergangenheit liegenden Stichtag beruhen. Mietspiegel sind deshalb immer statisch. Im vorprozessualen Verfahren ist das unproblematisch, weil der Vermieter ggf. ein anderes Begründungsmittel verwenden kann.
Dies gilt aber im Zustimmungsprozess nicht. Hier muss das Gericht die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens mit den Beweismitteln der ZPO feststellen.
Hinweis:
Mietspiegel sind zwar keine Beweismittel im prozessualen Sinne, ihnen kommt aber entweder eine gesetzliche Vermutungswirkung (qualifizierte Mietspiegel) oder zumindest eine Indizwirkung (einfache Mietspiegel) zu.
Hier kann es aber notwendig sein, die Werte eines älteren Mietspiegels zu "aktualisieren" oder "fortzuschreiben" (OLG Hamm, RE v. 30.8.1996, NJW-RR 1997, 142; OLG Stuttgart, RE v. 15.12.1993, NJW-RR 1994, 334 m. Anm. Blank ZMR 1994, 137; LG Koblenz WuM 1998, 692; LG Berlin GE 1996, 1547; LG Hamburg WuM 1996, 45; LG München WuM 1992, 25; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 558 BGB Rn 67 m.w.N.). Dies kann im Prozess auf unterschiedliche Weise geschehen:
- Gibt es zeitnah um den Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens eine Datenerhebung für einen neuen Mietspiegel, bietet es sich an, bei der Beweiswürdigung im Zustimmungsprozess dessen Daten für die Ermittlung im Zustimmungsprozess zu verwenden (LG Berlin GE 2015, 126; GE 2010, 61; GE 2008, 1057; GE 2008, 334; GE 2006, 391; GE 2005, 1433; GE 2004, 483; GE 2003, 1022; ZMR 1998, 165; LG Dresden, Urt. v. 9.12.2014 – 4 S 53/14; LG Hamburg WuM 1991, 355; LG Bochum WuM 1982, 18; LG Wuppertal WuM 1982, 19; AG Charlottenburg GE 2016, 331; GE 2004, 52; AG Esslingen WuM 2015, 161, 163; AG Gelsenkirchen ZMR 2009, 129; AG Gelsenkirchen-Buer NZM 1998, 509; AG Dortmund NJW-RR 1995, 971; WuM 2003, 35; AG Frankfurt DWW 1993, 44). Es geht im Zustimmungsverfahren darum, die ortsübliche Vergleichsmiete möglichst auf den Tag genau festzustellen, und nicht darum, ob der Vermieter nach der Begründung des Mieterhöhungsverlangens einen Anspruch auf Zustimmung hatte.
Gibt es eine solche Datenerhebung zum maßgeblichen Stichtag nicht, kann man sich mit einer Interpolation der Mietspiegelwerte behelfen. Insofern hat der BGH die bisherige Handhabung in der Praxis gebilligt (BGH WuM 2017, 208 = GE 2017, 472 = MDR 2017, 566 = NZM 2017, 321 = ZMR 2017, 384 = MietPrax-AK § 558b BGB Nr. 4 m. Anm. Börstinghaus; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 8/2017 Anm. 2; Fleindl NZM 2017, 325; Schach MietRB 2017, 155). Dabei sind wiederum zwei Fälle denkbar:
- Gibt es einen neuen (ausgehandelten) Mietspiegel zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidungsfindung, bietet sich die Interpolation der neuen und alten Mietspiegelwerte an. Dadurch kann ein Wert für den Zugangszeitpunkt des Erhöhungsverlangens ermittelt werden.
- Gibt es keinen neuen Mietspiegel, dürfte eine Fortschreibung der alten Mietspiegelwerte mittels eines Index möglich sein. Selbst für qualifizierte Mietspiegel ist das Verfahren zur Fortschreibung gesetzlich in § 558d Abs. 2 BGB vorgesehen.
Umstritten ist die Frage, ob der Vermieter zu den Mietspiegelwerten selbst einen solchen Zuschlag bereits im Erhöhungsverfahren hinzurechnen darf. Dies wurde bisher zu Recht verneint. Die einzelnen Begründungsmittel leiten ihre Überzeugungskraft aus unterschiedlichen Tatsachen ab. Beim Mietspiegel ist dies die Person des Mietspiegelerstellers. Dessen Autorität geht verloren, wenn der Vermieter den Mietspiegel eigenhändig fortschreibt. Allenfalls bei der Spanneneinordnung mag die Stichtagsdifferenz argumentativ genutzt werden. Diese bisher herrschende Auffassung ist aber neuerdings kritisiert worden (Fleindl NZM 2017, 325). Nach dieser Auffassung kann der Vermieter mittels Stichtagsdifferenz auch die Mietspiegelwerte überschreiten und deshalb schon im Erhöhungsverlangen eine höhere Miete verlangen.