Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) haben in einem gemeinsamen Positionspapier bekräftigt, dass die Anwaltschaft in die weiteren Überlegungen zum von der Politik geplanten "Pakt für den Rechtsstaat" einbezogen werden muss. Beide Organisationen bedauern, dass die Anwaltsorganisationen nicht von vornherein in den Diskurs einbezogen wurden. Die Effizienz staatlicher Organe, insbesondere der Justiz, dürfe – so BRAK und DAV – nicht allein im Fokus stehen und nicht auf Kosten von Beschuldigtenrechten erreicht werden. Das mit dem Pakt verfolgte Ziel könne nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller an der Rechtspflege Beteiligten erreicht werden.
Auf den "Pakt für den Rechtsstaat" einigten sich die Bundeskanzlerin und die Vertreterinnen und Vertreter der Länder im Januar dieses Jahres. Er zielt darauf, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat zu stärken; dazu sollen u.a. 2.000 Stellen in der Justiz geschaffen werden (vgl. näher dazu ZAP-Anwaltsmagazin 4/2019, S. 171 f.).
Kritisch sehen beide Anwaltsorganisationen, dass der Großteil der für den "Pakt für den Rechtsstaat" veranschlagten Gelder – jährlich rd. 400 Mio. EUR – für die Schaffung neuer Stellen in Justiz und Polizei vorgesehen ist. Sie mahnen an, hierbei auch an die Rechtssuchenden zu denken, und erinnern an die soziale Verantwortung des Staates. Gefordert sei ein klares Bekenntnis zur Gewährung von Prozess-/Verfahrenskostenhilfe bzw. Beratungshilfe sowie stabile Gerichtskosten; anderenfalls sei der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht gefährdet.
Mit Sorge betrachten beide anwaltliche Organisationen auch die Pläne für eine Reform des Strafprozesses; insbesondere kritisieren sie die geplante vereinfachte Ablehnung von Beweis- und Befangenheitsanträgen. Auch mahnen sie an, dass der geschützte und vertrauliche Bereich der Kommunikation mit Mandanten weiterhin dem staatlichen Zugriff entzogen bleiben müsse. Zum integralen Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit gehöre die Möglichkeit aller Bürger, sich effektiv gegen staatliche Strafverfolgungsmaßnahmen zu verteidigen und deren Rechtmäßigkeit durch die Gerichte prüfen zu lassen. Dieses Recht dürfe nicht durch eine starke Betonung der "Effizienz" von Strafverfahren in Frage gestellt werden, zumal Effizienz und Dauer von Verfahren nicht in einem unmittelbaren und unauflöslichen Zusammenhang stünden.
Das gemeinsame Positionspapier von BRAK und DAV endet mit einem Appell an die Politiker, die Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege umfassend in die Bemühungen um Stärkung des Rechtsstaats einzubeziehen.
[Quelle: BRAK/DAV]