Vertrauen in den Staat deutlich zurückgegangen
Nur 29 Prozent der Befragten halten den Staat für handlungsfähig
Laut der dbb-Bürgerbefragung 2022 sind nur noch 29 Prozent der Befragten der Meinung, der Staat sei handlungsfähig und könne seine Aufgaben erfüllen. Zwei Drittel (66 Prozent) glauben das nicht. "Der Trend war bereits letztes Jahr zu erkennen, jetzt ist das Kind endgültig in den Brunnen gefallen. Klima, Krieg, Corona, Kostenexplosion: Egal in welchem Lebensbereich eine Krise auftritt, der Staat präsentiert sich schlecht vorbereitet. Jetzt zahlt die Gesellschaft den Preis dafür, dass wir bei der Politik um jeden Euro und jede Stelle für den öffentlichen Dienst feilschen müssen. Wir haben leider nur noch eine Schönwetter-Daseinsvorsorge. Das ist die traurige Wahrheit und die Menschen erleben das jeden Tag", sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach mit Blick auf die Umfrage-Ergebnisse, die das Meinungsforschungsinstitut forsa erhoben hat.
Im Vorjahr lag der Anteil derjenigen, die der Meinung waren, der Staat sei in der Lage, seine vielfältigen Aufgaben zu erfüllen, noch bei 45 Prozent (im Jahr 2020 waren es 56 Prozent).
Die beliebtesten Berufsgruppen: Feuerwehrleute, Polizeikräfte und medizinisches Personal
"Einmal mehr zeigen die Zahlen aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich zwischen ausbleibender beziehungsweise schlechter politischer Führung auf der einen Seite und engagierten Menschen im öffentlichen Dienst auf der anderen Seite unterscheiden", erklärte Silberbach. So seien unter den beliebtesten Berufsgruppen ganz überwiegend Jobs aus der Daseinsvorsorge vertreten. Die Top 5 belegen beispielsweise Feuerwehrleute, Krankenpflegepersonal, Ärztinnen und Ärzte, Altenpflegepersonal sowie Polizeikräfte.
"Wer einen konkreten Dienst für die Gesellschaft erbringt, erfährt von seinen Mitmenschen dafür in der Regel Wertschätzung - oft mehr als vom Arbeitgeber oder Dienstherrn", so der dbb Chef.
Berufsbeamtentum wird weiterhin positiv gesehen
Auch das Profil der Beamtinnen und Beamten ganz allgemein werde zwar von der Vertrauenskrise in den Staat negativ beeinflusst, bleibe dabei aber auf einem erfreulich hohen Niveau: Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland verbindet mit dem Berufsbeamtentum weiterhin Eigenschaften wie "pflichtbewusst", "verantwortungsbewusst", "zuverlässig" und "rechtschaffen".
Eigener Geldbeutel ist für Bürgerinnen und Bürger nicht das Wichtigste
Gerade die Bundespolitik sollte außerdem zur Kenntnis nehmen, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr genau um die Bedeutung eines funktionierenden gesellschaftlichen Miteinanders und von leistungsfähigen öffentlichen Einrichtungen wissen, so der dbb-Bundesvorsitzende. "Die sind ihnen - anders, als es oft unterstellt wird - oft sogar wichtiger als der eigenen Geldbeutel." So stünden bei den wichtigsten Staatsaufgaben neben der allgemeinen "Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit" auch der Klimaschutz, die Infrastruktur und die Modernisierung des öffentlichen Dienstes ganz oben. Erst dann folge die "Entlastung der Bürger aufgrund der gestiegenen Preise". Silberbach: "Das zeigt deutlich: Ohne einen starken öffentlichen Dienst und eine krisenfeste Daseinsvorsorge wird der der Staat das Vertrauen der Bevölkerung nicht zurückgewinnen können."
Beamtenbund fordert mehr Personal und schnellere Digitalisierung
Auch der Personalmangel im öffentlichen Dienst trage zum Vertrauensverlust bei: Nach Berechnungen des dbb fehlen derzeit über 360.000 öffentlich Beschäftigte. Davon fehlen unter anderem 1.700 in der allgemeinen Justizverwaltung, 2.000 im Justizvollzug sowie 1.500 Richterinnen/Richter und Staatsanwältinnen/Staatsanwälte. „Es braucht nicht weniger als eine breit angelegte Investitions- und Innovationsoffensive für den öffentlichen Dienst. In der Justiz muss der Pakt für den Rechtsstaat endlich nachhaltig und dauerhaft mit Leben erfüllt werden." In Bezug auf die Rechtspflege sagte Silberbach: "Neue Stellen sind richtig und wichtig. Aber auch die Digitalisierung muss vorangetrieben werden, um die Rechtspflege wieder leistungsfähig und bürgernah zu gestalten.“
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