Im Kündigungsrecht gilt der Grundsatz, dass "nur der Richtige" wirksam kündigen kann. Diese wenig überraschende Erkenntnis sorgt gleichwohl auf Arbeitgeberseite oft für rechtliche Probleme. Die Rechtsform des Arbeitgebers (Personengesellschaft, AG, GmbH, Behörde/öffentliche Verwaltung) und die internen Vorgaben (Satzung u.a.) wollen diesbezüglich ebenso wie die Vertretungsberechtigung bei Ausspruch der Kündigung geprüft werden, um ein tragfähiges rechtliches Ergebnis zu erzielen.
Bei einer Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist nach § 180 S. 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig (BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 684/13, NZA 2014, 1197; BAG, Urt. v. 16.12.2010 – 2 AZR 485/08, NZA 2011, 571). Hat aber derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet, finden gem. § 180 S. 2 BGB die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das bedeutet u.a., dass das Rechtsgeschäft nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigt werden kann (BAG, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 684/13, a.a.O.). Im Fall des (formwirksamen) Ausspruchs einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht beginnt die Klagefrist des § 4 KSchG erst mit dem Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer (BAG, Urt. v. 6.9.2012 – 2 AZR 858/11, NZA 2013, 524).
In der Praxis stellt sich oft das Erfordernis einer Gesamtvertretung bei Erklärung und Abgabe einer Kündigung (Stichwort: "zwei lesbare bzw. identifizierbare Unterschriften"). Die Sicherstellung einer korrekten Vertretung ist eine unverzichtbare Grundvoraussetzung, um möglichen Angriffen und Rügen des Arbeitnehmers diesbezüglich im Ansatz die Grundlage zu nehmen. Im Kündigungsschutzprozess spielen insoweit immer die §§ 174 und 180 BGB zusammen, wobei nicht immer sauber zwischen beiden Vorschriften und ihrem rechtlichen Anwendungsbereich abgegrenzt wird, wie beispielhaft die Leitsätze des BAG in seiner Entscheidung vom 18.12.1980 (2 AZR 980/78, NJW 1981, 2374) anschaulich verdeutlichen. Der Zweite Senat stellt in der vorbenannten Entscheidung fest:
Zitat
1. Zwei Geschäftsführer, die nur zusammen zur Vertretung einer GmbH berechtigt sind, können ihre Gesamtvertretung in der Weise ausüben, dass ein Gesamtvertreter den anderen intern formlos zur Abgabe einer Willenserklärung ermächtigt und der zweite Gesamtvertreter allein die Willenserklärung abgibt.
2. Die Ermächtigung i.S.v. Nr. 1 ist eine Erweiterung der gesetzlichen Vertretungsmacht, auf die die Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Stellvertretung entsprechend anzuwenden sind. Das gilt auch für die §§ 174, 180 BGB, so dass ein Arbeitnehmer, dem einer von mehreren Gesamtvertretern einer GmbH kündigt, die Kündigung unverzüglich mit der Begründung zurückweisen kann, eine Ermächtigungsurkunde sei nicht vorgelegt worden.
3. Die Zurückweisung der Kündigung aus diesem Grunde braucht zwar nicht ausdrücklich zu erfolgen. Sie muss sich aber aus der Begründung oder aus anderen Umständen eindeutig und für den Kündigenden zweifelsfrei erkennbar ergeben.
Konzern-Zeichnungsrichtlinien und im Intranet hinterlegte Kündigungsberechtigungen bieten ebenso wie unzutreffend bzw. bedeutungsfalsch verwandte Zusätze ("i.A." statt "i.V.") formelle Angriffsmöglichkeiten gegen die von einem Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung. Ein "beliebter Streitpunkt" in diesem Kontext ist, ob der Erklärungsempfänger (Arbeitnehmer) davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Erklärende (kündigender Vertreter) die zur Kündigung berechtigende Stellung tatsächlich innehatte (vgl. nachstehend).
Praxistipp:
Beanstandet der Arbeitnehmer die fehlende Kündigungsberechtigung mit einem Einschreiben gegen Rückschein oder einem anderen gerichtsverwertbaren Zugangsnachweis unmittelbar nach Erhalt/Zugang der Kündigung, ist eine Genehmigung durch den Arbeitgeber nicht mehr möglich. Die Kündigung muss dann vom Berechtigten, sofern noch möglich, wiederholt werden.