Beispiel:
V als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft vermietet an M eine Wohnung mit zugehörigem Kfz-Stellplatz in der Tiefgarage. M schafft ein Elektroauto an und verlangt von V die Zustimmung dazu, dass M eine Wallbox als Schnellladeeinrichtung installieren darf. Bislang verfügt der Stellplatz über keinerlei Stromversorgung. Die übrigen Wohnungseigentümer runzeln die Stirn, führen dagegen „grundsätzliche Überlegungen” an und äußern Bedenken wegen des Brandschutzes und einer Überlastung des Stromnetzes im Haus. M verlangt darauf hin, dass V in der Eigentümergemeinschaft einen Genehmigungsbeschluss erwirkt. Muss er das tun?
1. Synchronisation und Harmonisierung von Miet- und WEG-Recht
In vermieteten Wohnungseigentumsanlagen erhält der Mieter von Sondereigentum (Wohnung oder geschäftlich/gewerblich genutzte Räume) die beschriebenen Duldungsansprüche aus § 554 BGB gegenüber dem Vermieter, der dann die vom Mieter gewünschten Baumaßnahmen gegenüber der Eigentümergemeinschaft durchsetzen kann. Der Mieter kann sich aber nicht selbst an die Eigentümergemeinschaft wenden. Für die Durchsetzung „übers Dreieck” gelten die neuen WEG-Regelungen zur Durchführung begehrter baulicher Maßnahmen im Verhältnis des Vermieters und Einzelmitglieds gegenüber der Gemeinschaft unmittelbar (§§ 20, 21 WEG). Das bedeutet, dass die Einführung oder Verbesserung von Ladeinfrastruktur nur auf der Grundlage eines zuvor gefassten Beschlusses der Eigentümerversammlung erfolgen kann. Solange es einen solchen Beschluss nicht gibt, muss der Vermieter dem begehrenden Mieter mangels Zumutbarkeit keine Erlaubnis erteilen (BT-Drucks 19/18791, S. 89, letzter Abs.). Andernfalls könnte der Mieter im Falle einer Weigerung der Eigentümergemeinschaft zu einer solchen Beschlussfassung Mängelrechte geltend machen (BT-Drucks, a.a.O., S. 90, 1. Abs.).
Hinweis:
Will der Vermieter z.B. dem Anspruch seines Mieters auf Duldung selbst hergestellter elektrischer Ladeinfrastruktur im Rahmen der E-Mobilität nachkommen, so hat er als einzelnes Mitglied der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verband den Anspruch auf Gestattung dieser privilegierten baulichen Veränderungen (§ 20 Abs. 2 WEG n.F.). Der Duldungsanspruch des Mieters unterliegt der beschriebenen Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter.
Wirkt der Vermieter nicht auf einen Gemeinschaftsbeschluss hin, kann der Mieter auf Erteilung der Erlaubnis klagen. Anders formuliert: „Er kann den vermietenden Wohnungseigentümer auf Erfüllung in Anspruch nehmen; dieser ist dann verpflichtet, auf eine die bauliche Veränderung gestattende Beschlussfassung hinzuwirken” (BT-Drucks 19/18791, S. 90, 2. Abs; BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03).
Beschließt die Gemeinschaft dagegen, so hat der Vermieter wieder die Wahl, ob er den Mieter gewähren lässt oder selbst zur Tat schreitet. Dies erfolgt dann wieder entweder auf der Grundlage einer mieterhöhenden Modernisierungsvereinbarung (§ 555f Nr. 3 BGB) oder durch ein entsprechendes einseitiges Vorgehen (§ 559 BGB).
Im Gegenzug muss der Mieter von Sondereigentum Erhaltungsmaßnahmen (Instandhaltung und Reparatur) sowie Modernisierungsmaßnahmen unter Beachtung der mietrechtlichen Kautelen dazu (§§ 555a Abs. 2, 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 2-4, 555 d Abs. 2-5 BGB) dulden (§ 15 WEG n.F.), wenn solche Baumaßnahmen von der Eigentümergemeinschaft oder von einzelnen Eigentümern ausgehen und umgesetzt werden.
Spannend bleibt dann, wer (Eigentümergemeinschaft, einzelner begehrender Eigentümer, oder unabhängig davon der Vermieter) dem Mieter diese Baumaßnahmen ankündigen muss. Dass angekündigt werden muss, ist klar. Denn abgestellt wird auch im neuen WEG-Recht auf die entsprechenden mietrechtlichen Notwendigkeiten zur Ankündigung baulicher Maßnahmen einschließlich der daran gestellten inhaltlichen Anforderungen (vgl.: BGH, Urt. v. 20.5.2020 – VIII ZR 55/19, IMR 2020, 313 zum notwendigen Inhalt einer Modernisierungsankündigung bei energetischer Sanierung; BGH, Urt. v. 18.12.2019 – VIII ZR 332/18, IMR 2020, 95 zu den notwendigen inhaltlichen Anforderungen einer Modernisierungsankündigung bei Maßnahmenbündeln; zum mindernden Ansatz von – auch (noch) nicht fälligen Instandhaltungskosten bei der Berechnungsgrundlage zur Mieterhöhung nach Modernisierung: BGH, Urt. v. 17.6.2020 – VIII ZR 81/19, NZM 2020, 795). Für die Praxis kann die Lösung nur darin liegen, dass der Verwalter das Zusammenwirken der in Betracht kommenden Parteien (Gemeinschaft, einzelner Eigentümer, Vermieter) gegen Sondervergütung koordiniert und die rechtlich notwendige Ankündigung der Baumaßnahmen gegenüber dem Mieter auf dem Weg bringen lässt. Er sollte sich dazu ausdrücklich ermächtigen lassen, einen fachlich versierten Rechtsanwalt mit der Ausarbeitung der notwendigen Schreiben zu beauftragen. Die Komplexität der mietrechtlichen Vorgaben dazu zwingt schon zur Vermeidung von Haftungsgefahren zu einem solchen Vorgehen. Über § 578 Abs. 1 BGB n.F. gilt dieser Duldungsanspruch auch für vermietetes Teileigentum (Gewerbemiete).
2. Der Eigentümer oder die Gemeinschaft wünschen eine bauliche Veränderung
Nach alledem ergibt sich je nach dem Initiator baulicher Ve...