Der Grundsatz „pacta sunt servanda” (Verträge sind einzuhalten!) und die aus ihm folgende Vertragsbindung gilt erst recht nach Einführung der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) durch die Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 auch im Arbeitsrecht.
Damit rückt zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes primär das Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers in den Blick. Nach § 106 S. 1 GewO darf der Arbeitgeber u.a. den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen (vgl. § 315 BGB) näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.4.2018 – 6 Sa 1586/17, LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 32) oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Der Inhalt der getroffenen einzelvertraglichen Regelungen ist durch Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Es ist insb. festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsort vertraglich festgelegt worden ist und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.3.2021 – 4 Sa 1243/20 – „Homeoffice-Änderungskündigung”).
Gängige Instrumente für den Arbeitgeber, um seine Handlungs- und Anpassungsfähigkeit zu erhöhen, sind arbeitsvertragliche Versetzungsklauseln bzw. -vorbehalte (vgl. BAG, Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452), wobei gesetzlich höherrangige Vorgaben in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zu beachten sind. Arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalte können Art, Inhalt und Ort der Tätigkeit des Arbeitnehmers betreffen (Lunk/Holthausen, AnwaltFormulare Arbeitsrecht, 3. A., § 1a Rn 1578 ff.; Holthausen, ZAP 2015, F. 17, 1171, 1172 m.w.N.). Differenziert wird zwischen Versetzungsvorbehalten, die das gesetzliche arbeitgeberseitige Direktionsrecht nach § 106 GewO nur abbilden/konkretisieren und „echten” Versetzungsklauseln, die das arbeitgeberseitige Direktionsrecht erweitern (vgl. BAG, Urt. v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NZA 2010, 1355; BAG, Urt. v. 13.4.2010 – 9 AZR 36/09, AP Nr. 45 zu § 307 BGB).
Dabei sind selbstredend die Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts zu beachten. Ein Arbeitnehmer ist nach § 106 S. 1 GewO, § 315 BGB nicht – auch nicht vorläufig – an eine Weisung des Arbeitgebers gebunden, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt (unbillige Weisung, BAG, Urt. v. 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, a.a.O.).
Andererseits stellt nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z.B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ein Entzug von Befugnissen und die nicht vertragsgemäße Beschäftigung eines Arbeitnehmers ist grds. geeignet, in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einzugreifen. Nicht nur Weisungen, die sich i.R.d. dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und die nicht auf einer schikanösen Tendenz beruhen, stellen regelmäßig keine Rechtsgutsverletzung dar; dies gilt auch für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen, sofern ihnen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Es kommt nicht allein auf die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen an, sondern v.a. darauf, ob diese mit der Zielrichtung vorgenommen wurde, den Arbeitnehmer zu schikanieren und damit als Angriff auf seine Rechtsgüter gewertet werden kann (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 11.9.2019 – 7 Sa 56/19).
1. Arbeitsort und Versetzungsvorbehalt
Die örtliche Flexibilität des Arbeitnehmers und ggf. auch ein Wohnortwechsel – insb. ins Ausland – sind bei ambitionierterer beruflicher Entwicklung und Karriereplanung heutzutage fast schon ein Muss, um sich für höhere Aufgaben und Positionen in einer globalisierten Welt zu empfehlen. Gleichwohl stehen familiäre/persönliche Hemmnisse oftmals einer entsprechenden Flexibilität entgegen und Arbeitnehmer weisen in der Mehrzahl eine eher geringe Mobilitätsbereitschaft auf.
Ist ein Einsatz des Arbeitnehmers aufgrund der Regelungen im Arbeitsvertrag nicht auf einen oder mehrere bestimmte Einsatzorte beschränkt, kann der Arbeitgeber ihm gegenüber auch den Einsatz an weiteren Einsatzorten anordnen. Dies liegt im Rahmen seiner Ausübungskontrolle nach § 106 S. 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.3.2020 – 2 Sa 428/18). Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamte...