Gem. § 1568a Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
a) Rechtsschutzinteresse
Die geschuldete Überlassung der Mietwohnung wird nach § 1568a Abs. 3 BGB vollzogen durch eine gemeinsame Mitteilung an den Vermieter oder durch eine dreiseitige Abänderung des Mietvertrags. Streitig ist, ob das Rechtsschutzinteresse für einen Leistungsantrag ausscheidet, wenn Einigkeit der Ehegatten darüber besteht, dass ein Ehegatte die Wohnung allein weiternutzt, der die Wohnung räumende Ehegatte aber an keiner der im Gesetz vorgesehenen Handlungen mitwirkt. Das OLG Hamburg (FamRZ 2021, 579 = FamRB 2021, 271 m. Hinw. Neumann) hat sich der h.M. angeschlossen, dass auch dann ein Rechtsschutzinteresse für einen Leistungsantrag nicht ausscheidet, wenn über die Nutzung Einigkeit besteht, es aber weder zu einer gemeinsamen Mitteilung an den Vermieter noch zu einer einvernehmlichen dreiseitigen Änderung des Mietvertrages gekommen ist. Erst mit der Entscheidung über die Überlassung wird das Mietverhältnis von Gesetzes wegen umgestaltet. Ohne eine Umgestaltung des Mietverhältnisses ist es auch nicht ausgeschlossen, dass ein Ehegatte verlangt, die tatsächliche Nutzung abzuändern.
b) Zeitliche Grenze des Anspruchs
Der BGH (FamRZ 2017, 22) hat entschieden, dass während der Zeit des Getrenntlebens ein auf § 985 BGB gestütztes Verlangen eines Ehegatten gegen den anderen auf Herausgabe der Ehewohnung wegen der Sonderregelung des § 1361a BGB unzulässig ist.
Hierzu hat er (BGH, FamRZ 2021, 834 m. Anm. Götz = MDR 2021, 622 = NJW 2021, 1527 m. Anm. Giers) klargestellt, dass der Herausgabeanspruch auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht zulässigerweise als sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG durchsetzbar ist, solange der Anwendungsbereich des § 1568a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 2 FamFG eröffnet ist. Der gegenständliche Schutzzweck der Vorschrift bleibt erhalten.
Ob es sich noch um eine Ehewohnung i.S.d. § 1568a BGB handelt, ist nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der die Wohnung betreffenden Entscheidung zu beurteilen. Dies folgt gesetzessystematisch aus den Regelungen in § 1568a Abs. 2 bis 5 BGB.
Als Rechtsfolge der Zuweisung sieht das Gesetz in den Absätzen 3 und 5 die Begründung oder Fortsetzung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem Wortlaut des § 1568a Abs. 6 BGB erlischt der Anspruch auf diese Regelungen ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist. Der BGH hat sich der h.M. angeschlossen, dass sich diese Wirkung auch auf den Überlassungsanspruch aus § 1568a Abs. 1 und 2 BGB erstreckt.