Das Bundesjustizministerium möchte durch verschiedene Änderungen im familiengerichtlichen Verfahren den Schutz gewaltbetroffener Personen und deren Kinder verbessern. Dazu hat es im Juli einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Mit ihm sollen zugleich die Vergütung für Verfahrensbeistände angepasst und deren Stellung im Verfahren gestärkt werden; zudem werden weitere Anpassungen in den Verfahrensvorschriften der Familien-, Versorgungsausgleichs- und Nachlasssachen vorgeschlagen.
Im Einzelnen sieht der Referentenentwurf folgende Regelungen vor:
Einführung eines Wahlgerichtsstands
Es soll ein Wahlgerichtsstand eingeführt werden, damit kann ein von Partnerschaftsgewalt betroffener Elternteil nach der Trennung vom gewaltausübenden Elternteil in einem Kindschafts-, Abstammungs- oder Kindesunterhaltsverfahren nicht mehr über den aktuellen Aufenthaltsort des Kindes aufgespürt werden, wenn er aus Sicherheitsgründen seinen und den Aufenthaltsort des Kindes geheim hält, z.B. nach einer Flucht in ein Frauenhaus.
Besondere Verfahrensvorschriften
Die sich aus der Istanbul-Konvention ergebenden Amtsermittlungspflichten des Familiengerichts in Fällen von Gewaltbetroffenheit sollen im Verfahrensrecht besonders hervorgehoben werden. Bei Anhaltspunkten für Gewaltvorfälle zwischen den Elternteilen ist das Gericht verpflichtet, den Schutzbedarf des Kindes und des gewaltbetroffenen Elternteils auch in Kindschaftssachen zu ermitteln. Es muss zudem ein angepasstes Gefahrenmanagement gewährleisten. So kann das Gericht etwa getrennte Anhörungen der Eltern anordnen und auf das ansonsten notwendige Hinwirken auf ein Einvernehmen verzichten.
Stärkung der Beschwerdeinstanz
Gegen eine einstweilige Anordnung über einen sog. Umgangsausschluss sollen Betroffene künftig Beschwerde einlegen können. Bei offensichtlich unbegründeten Beschwerden soll das Beschwerdegericht von der obligatorischen Wiederholung einzelner Verfahrenshandlungen auch in Fällen, in denen dies bislang nicht möglich ist, absehen können. Damit sollen unnötige Verfahrensverzögerungen vermieden werden.
Vergütung des Verfahrensbeistands
Die Pauschalvergütung soll auf 690 EUR angehoben werden. Gleichzeitig soll eine Geschwisterpauschale eingeführt werden, um gewissen Synergieeffekten bei der Bestellung für mehrere Geschwisterkinder Rechnung zu tragen. Aufgegeben wird die Trennung zwischen dem originären Aufgabenkreis und dem erweiterten Aufgabenkreis.
An sonstigen Verfahrensänderungen ist vorgesehen:
Beim Versorgungsausgleich sollen künftig Anrechte, die im Versorgungsausgleichsverfahren übergangen wurden, auch nachträglich berücksichtigt werden können; dies war bisher nicht möglich. Bei Verfügungen von Todes wegen soll die Pflicht der Fortlebensermittlung durch die Verwahrstellen reduziert werden. Wenn sich eine Urkunde mehr als 30 Jahre in amtlicher Verwahrung befindet, müssen Gerichte oder Notare künftig nicht mehr ermitteln, ob der Erblasser überhaupt noch lebt. Vielmehr vertraut der Gesetzgeber darauf, dass das Zentrale Testamentsregister mittlerweile seine volle Funktionsfähigkeit erreicht hat.
Der Referentenentwurf ist derzeit an die Länder und Verbände versandt. Diese haben noch bis Anfang September Zeit zur Stellungnahme.
[Quelle: BMJ]