Im Rahmen der Anfechtung ist nach bisheriger Rspr. des BGH davon auszugehen, dass es als maßgeblichen Erledigungszeitpunkt auf die Entstehung des Anfechtungsgrundes ankommt aufgrund der materiellrechtlichen Rückwirkung der Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB, die auch prozessual zu beachten sei.
In der Literatur hingegen wird – zurecht – überwiegend auf die Anfechtungserklärung abgehoben, jedoch aus Wertungsgesichtspunkten bei einer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB (widerrechtliche Drohung und arglistige Täuschung) eine (einseitige) Erledigungserklärung – aus verschiedenen Gründen – als nicht erfolgsversprechend angesehen.
a) Rechtsprechung des BGH
Der BGH hat sich bislang – soweit ersichtlich – lediglich im Rahmen eines Urteils v. 25.6.2003 (IV ZR 285/02, NJW 2003, 3268) mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich eine Anfechtung und ihre Rückwirkung nach § 142 Abs. 1 BGB zu der Frage der prozessualen Erledigung verhalten. Der Entscheidung lag eine Erbstreitigkeit mit einer Testamentsanfechtung zugrunde. In diesem Zusammenhang stellte der BGH klar, dass der Testamentsanfechtung materiellrechtlich Rückwirkung zukäme auf den Zeitpunkt der Errichtung und daher eine Feststellungsklage hinsichtlich der Erledigung der Hauptsache insofern unbegründet sei. Dabei stützte sich der BGH auf § 142 Abs. 1 BGB, sodass diese Grundsätze auch verallgemeinerungsfähig jenseits der Spezialkonstellation der Testamentsanfechtung Anwendung finden sollen. Eine explizite Klarstellung hierzu findet sich aber in der bezeichneten Entscheidung nicht. Mithin kommt es im Rahmen der Anfechtung wegen der Rückwirkung nach § 142 Abs. 1 BGB nach Auffassung des BGH auf das Entstehen des Anfechtungsgrundes und nicht auf die Vornahme der Anfechtungserklärung an.
Hinweis:
In Anbetracht der vorhandenen Judikatur ist aus anwaltlicher Perspektive nach dem Gebot des sichersten Weges davon auszugehen, dass die Anfechtung des der Klage zugrundeliegenden Vertrages im Prozess auch in prozessualer Hinsicht Rückwirkung entfaltet auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anfechtungsgrundes und eine einseitige Erledigung daher unbegründet ist (so auch Althammer, a.a.O., § 91a ZPO Rn 58.2; auf bestimmte Anfechtungskonstellationen beschränkend Anders/Gehle/Gehle, a.a.O., § 91a ZPO Rn 43). Als Klagepartei muss daher bei Erhebung einer Klage, die auf eine anfechtbare Forderung gestützt wird, die Gefahr der Kostentragungslast für den Fall der nachträglichen Anfechtung berücksichtigt werden.
b) Kritik in der Literatur
Diese Rspr. weicht jedenfalls hinsichtlich der Auswirkungen auf die einseitige Erledigungserklärung im Prozess von derjenigen zur Behandlung der Aufrechnung ab, die ebenfalls materielle Rückwirkung gem. § 389 BGB entfaltet. Diese vermeintliche Inkongruenz hat dazu geführt, dass in der Literatur einige Gegenvorschläge entwickelt wurden, die sich unterschiedlich zur Rspr. des BGH positionieren:
Teils wird vertreten (Althammer, a.a.O., § 91a ZPO Rn 58.2), dass – parallel zur Behandlung anderer Gestaltungsrechte, wie der Aufrechnung – die Anfechtung ein erledigendes Ereignis darstellen könne und als maßgeblicher Zeitpunkt auf die Anfechtungserklärung i.S.d. § 143 Abs. 1 BGB abzustellen sei. Hierbei wird jedoch mehrheitlich danach differenziert, auf welchen Anfechtungsgrund die Anfechtung gestützt wird, mithin ob ein Fall der vom Beklagten selbst verschuldeten Irrtumsanfechtung gem. §§ 119 ff. BGB vorliegt oder ob der Kläger selbst im Falle des § 123 Abs. 1 BGB den Anfechtungsgrund verursacht hat (Althammer/Löhnig, NJW 2004, 3077, 3080).
Andere Stimmen in der Literatur sehen die Entscheidung des BGH (2003, a.a.O.) primär als auf die Testamentsanfechtung bezogen (Anders/Gehle, a.a.O., § 91a ZPO Rn 43). Jedoch wird auch hier zu einer Verallgemeinerung plädiert und eine Differenzierung nach Anfechtungsgründen postuliert. Die Differenzierung diene auch dazu, einen wertungsmäßigen Gleichlauf zur Behandlung von Aufrechnung und Verjährung herzustellen (Anders/Gehle, a.a.O., § 91a ZPO Rn 43). Dies folge daraus, dass zwischen den vom Kläger selbst „verursachten” Gestaltungsrechten und denjenigen, die in der Sphäre des Beklagten lägen, zu differenzieren sei.
Wiederum andere Stimmen (Schulz, a.a.O., § 91a ZPO Rn 117) sehen in der Anfechtung eines Vertrages, der die Klageforderung begründet, grds. ein erledigendes Ereignis. Es werden aber auch hierbei Korrekturen hinsichtlich der Kostenlast gefordert, die sich anhand der Schutzwürdigkeit des Klägers zu beurteilen hätten. Diese ließe sich vornehmlich anhand des zur Anwendung gelangten Anfechtungsgrundes feststellen. Dogmatisch sei hierzu in den bestimmten Fällen über § 242 BGB analog am Begriff der Erledigung anzusetzen und bei diesem seien ausnahmsweise Wertungsgesichtspunkte zu berücksichtigen.
Es zeigt sich, dass auch in der Literatur Uneinigkeit hinsichtlich des genauen Umfangs der BGH-Rspr. in Bezug auf die Anfechtung besteht. Einigkeit herrscht aber weitgehend darin, dass in einigen Anfechtungskonstellationen eine (einseitige) Erledigungserklärung nicht dazu führen darf, dass dem ...