Leitsatz (amtlich)
1. Solange die Anfechtung (hier: § 123 BGB) nicht erklärt ist, behält das anfechtbare Rechtsgeschäft ungeachtet der ex-tunc-Wirkung einer Anfechtung seine Gültigkeit.
2. Hat der Mieter die Mieträume vor der Vollstreckung eines Räumungs-Versäumnisurteils freiwillig und endgültig geräumt und geht seine Anfechtungserklärung des Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung dem Vermieter erst nach der Besitzeinweisung zu, ist der Mietvertrag der Parteien in Bezug auf die prozessuale Feststellung der (einseitigen) Erledigung der Räumungsklage als wirksam zu behandeln.
3. Zur fristlosen Kündigung des gewerblichen Mietverhältnisses wegen Nichtzahlung der Kaution.
Normenkette
BGB §§ 123, 543 Abs. 1; ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 10 O 136/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 15.9.2009 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das im schriftlichen Vorverfahren am 7.1.2008 erlassene und dem Beklagten am 15.1.2008 zugestellte Versäumnisurteil wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Hauptsache erledigt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten nur noch über die von den Klägern beantragte Feststellung, dass sich die Räumungsklage in der Hauptsache erledigt hat. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen (GA 95-97). Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsstreit habe sich nicht in der Hauptsache erledigt. Die ursprüngliche Räumungsklage sei von Anfang an unbegründet gewesen. Der Beklagte sei zur Anfechtung des Mietvertrages gem. § 123 BGB berechtigt. Diese führe zur Unwirksamkeit des Mietvertrages ex tunc, so dass weder eine Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses noch der Kaution bestanden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihren erstinstanzlichen Feststellungsantrag weiterverfolgen. Sie machen geltend, das LG habe verkannt, dass die Mietsache bereits am 25.3.2008 geräumt und sie vor Zustellung der Anfechtungserklärung vom 15.5.2008 in der Parallelsache 10 O 91/08 LG Düsseldorf = I-10 U 137/09 OLG Düsseldorf am 28.05./2.6.2008 durch die OGV B. in den Besitz der Mietsache eingewiesen worden seien. Im Übrigen habe das LG zu Unrecht einen Anfechtungsgrund angenommen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 10.12.2009 (GA 118 ff.) verwiesen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, insbesondere die Feststellungen des LG, dass er zur Anfechtung des Mietvertrages berechtigt sei, und bittet nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 22.2.2010 (GA 150 ff.) um Zurückweisung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Räumungsklage ist durch die Besitzeinweisung der Kläger am 28.05./2.6.2008 in der Hauptsache erledigt, so dass der auf Feststellung der Erledigung des Räumungsantrags gerichtete Klageantrag begründet und das Versäumnisurteil des LG vom 7.1.2008 gem. § 343 Satz 1 ZPO mit dieser Maßgabe aufrechtzuerhalten ist.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 3.12.2003 - XII ZR 238/01 zitiert nach juris; NJW 1992, 2235) hat die Feststellung der Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits nicht nur den Eintritt eines erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung, sondern auch, dass die Klage im Zeitpunkt dieses Eintritts zulässig und begründet war. Eine von Anfang an unbegründete Klage ist trotz Erledigungserklärung abzuweisen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Maßgebender Zeitpunkt für die prozessuale Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits ist der Eintritt des erledigenden Ereignisses (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a, Rz. 44 m.w.N.). Das ist hier die Besitzeinweisung der Kläger am 28.05./2.6.2008 durch die zuständige Gerichtsvollzieherin; denn damit war der Räumungsanspruch der Kläger erfüllt. Zwar stellt eine unter dem Druck der Zwangsvollstreckung bewirkte Räumung keine Erfüllungshandlung dar, welche die Annahme eines erledigenden Ereignisses rechtfertigt (BGH, Beschl. v. 21.9.2005, GE 2006, 320 = GuT 2006, 35 = NZM 2005, 944 = ZMR 2006, 28 - XII ZR 256/03; Urt. v. 30.1.1985, WPM 1985, 647 - VIII ZR 292/83). Nach dem unwidersprochen gebliebenen und gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Entscheidung zugrunde liegenden Sachvortrag der Kläger hat der Bekl...