Nach hier vertretener Meinung ist nicht am Erledigungsbegriff anzusetzen, um berechtigten Wertungsgesichtspunkten einer Partei Raum zu verschaffen. Vielmehr ist bei der einseitigen Erledigungserklärung bereits im Rahmen der Zulässigkeit der geänderten Feststellungsklage am ausnahmsweise fehlenden Rechtsschutzbedürfnis anzusetzen. In dieser Weise können Inkongruenzen mit der Rspr. des BGH vermieden werden.
1. Bedeutung der vorhandenen BGH-Rechtsprechung zur Erledigung bei der Anfechtung
Zunächst ist bereits fraglich, ob das von der Kommentarliteratur zum Anlass für die gesonderte Behandlung der Anfechtung im Kontext der Erledigung des Rechtsstreits genommene Urteil des BGH v. 25.6.2003 (IV ZR 285/02, NJW 2003, 3268) inhaltlich tatsächlich eine verallgemeinerungsfähige Schlussfolgerung für sämtliche Anfechtungskonstellationen zulässt. Denn bei genauerer Betrachtung stellt der BGH rein auf die materiellrechtliche Folge der Testamentsanfechtung gem. §§ 2078, 142 Abs. 1 BGB ab und zitiert Kommentarfundstellen, die sich rein auf diese spezielle materiellrechtliche Wirkung beziehen. Weitere Ausführungen zur prozessrechtlichen Dimension erfolgen nicht. Dies legt jedenfalls die Möglichkeit nahe, dass der BGH mit dieser Entscheidung keine allgemeine Aussage zur Erledigung des Rechtsstreits bei einer Anfechtung treffen wollte, sondern nur eine Einzelfallentscheidung vorgenommen hat. Hierfür spricht auch, dass sich der BGH, anders als im Urt. v. 17.7.2003 (IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134) zur Frage der Erledigung bei der Aufrechnung (s.o.), nicht explizit mit der prozessualen Folge und dem Spannungsverhältnis zur materiellrechtlichen Rückwirkung der Anfechtung befasst hat.
Hinweis:
Trotz aller berechtigter Zweifel an der Reichweite der BGH-Rspr. sollte aus anwaltlicher Perspektive unter Beachtung des Gebots des sichersten Weges davon ausgegangen werden, dass die herausgearbeiteten Grundsätze des BGH bei allen Anfechtungskonstellationen gelten sollen.
2. Gleichlauf zur Behandlung anderer Gestaltungsrechte hinsichtlich des Erledigungszeitpunktes
Insbesondere im Hinblick auf die unter V.1. geschilderte Linie der BGH-Rspr. zur Aufrechnung drängt sich die Frage auf, ob eine derartige Differenzierung zwischen verschiedenen, materiellrechtlich rückwirkenden Gestaltungsrechten hinsichtlich des Zeitpunkts des erledigenden Ereignisses zu überzeugen vermag. Dogmatisch ist es vorzugswürdig, den Erledigungszeitpunkt unangetastet zu lassen und stattdessen im Rahmen der Zulässigkeit der Erledigungsfeststellungsklage oder der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung, ausnahmsweise Wertungsgesichtspunkte mit zu berücksichtigen.
a) Materiellrechtliche Betrachtung
Vergleicht man exemplarisch die Gestaltungsrechte der Anfechtung und der Aufrechnung in materiellrechtlicher Hinsicht, so ergeben sich hieraus keine tiefergehenden Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Erledigungszeitpunkts rechtfertigen würden. Hierbei sind gerade die vom BGH zur Aufrechnung entwickelten Argumente mit in den Blick zu nehmen.
Demnach entfalten beide Gestaltungsrechte materiellrechtliche Rückwirkung über § 142 Abs. 1 BGB oder § 389 BGB. Diese materielle Rückwirkung dient nach wie vor als Argument, für das erledigende Ereignis auf die Aufrechnungslage, mithin auf die Entstehung des Gestaltungsrechts, abzustellen. Dies wird mit dem Gedanken einer materiellrechtsfreundlichen Auslegung des Prozessrechts untermauert (Althammer/Löhnig, a.a.O.).
Diesem Argument setzt der BGH entgegen, dass es für die Wirkung eines Gestaltungsrechts stets auf die Gestaltungserklärung ankäme, was er bei der Aufrechnung mit dem Wortlaut des § 389 BGB begründet. Dieses Argument lässt sich uneingeschränkt auf die Anfechtung übertragen. Auch diese benötigt gem. § 143 BGB der Erklärung, um die Wirkung des § 142 Abs. 1 BGB herbeizuführen. Allein aufgrund der materiellrechtlichen Wirkung des Gestaltungsrechts der Anfechtung lässt sich kein sachlicher Grund finden, der eine abweichende Behandlung zu anderen Gestaltungsrechten hinsichtlich des Erledigungszeitpunktes rechtfertigt.
b) Billigkeitserwägungen anhand der Schutzwürdigkeit des Klägers
Auch die zurecht in der Literatur aufgeworfenen Billigkeitsgesichtspunkte vermögen nichts an dem maßgeblichen Erledigungszeitpunkt zu ändern. Zum einen sprechen gerade die Billigkeitserwägungen in Zusammenhang mit der Prozessaufrechnung auch im Rahmen gewisser Anfechtungskonstellationen für das Abstellen auf die Ausübung des Gestaltungsrechts. Zum anderen sind die vorgebrachten Wertungsgesichtspunkte dogmatisch treffender an anderer Stelle zu verorten.
aa) Prozessaufrechnung
Mag man die Wortlautargumente des BGH zur Überwindung der materiellrechtlichen Wirkung des § 389 BGB für eher formalistisch halten, so überzeugen in Zusammenhang mit der Aufrechnung insb. die prozesstaktischen Erwägungen und Billigkeitserwägungen des BGH, die es gebieten, die Aufrechnungserklärung als maßgeblichen Zeitpunkt zu betrachten. Hintergrund ist die Schutzwürdigkeit des Klägers in Bezug auf die Kostenlast als übergeordnetes Motiv, mithin das prozessuale Veranlassungsprinzip.
Wie der BGH richtigerweise betont, gebietet es das Veranlassungsprinzip, in denjenigen Fällen, in denen der Kläger eine Forderung einklagt, die ihrersei...