Nicht jeder Dienstherr verfügt über ein intaktes Beurteilungssystem, welches bei der Besetzung von Beförderungsstellen zur Anwendung gelangt. Es kommt durchaus vor, dass trotz eines vorhandenen Beurteilungssystems die Beurteilung, vor allem die Regelbeurteilung in feststehenden Zeiträumen, unterlassen wird. Diese dem Dienstherrn zuzurechnenden Versäumnisse können sich in Stellenbesetzungsverfahren so auswirken, dass Stellenbewerber um ein Beförderungsamt aus dem Auswahlverfahren mit der Begründung ausgeschlossen werden, es fehle an belastbaren Erkenntnissen über die Qualifikation i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG.
Hinweis:
Auswahlentscheidungen bedürfen einer tragfähigen Grundlage. Eine Auswahlentscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Amtes muss den Anforderungen aus Art. 33 Abs. 2 GG genügen, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Der Grundsatz der Bestenauswahl vermittelt jedem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; BVerfG, Beschl. v. 20.9.2016 – 2 BvR 2453/15, BVerfGE 143, 22 Rn 18; BVerwG, Beschl. v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16, BVerwGE 157, 168 Rn 21). Der Vergleich unter den Bewerbern im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG hat – vor allem – anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen.
Nach Ansicht des BVerwG müssen dienstliche Beurteilungen eine tragfähige Grundlage für die Auswahlentscheidung vermitteln (Beschl. v. 19.9.2023 – 2 VR 2/23, NVwZ-RR 2024, 153 ff. = IÖD 2024, 38 ff. = ZBR 2024, 133 f. = PersV 2024, 182 f.). Hierfür sei erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassten, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt seien, die Leistungen hinreichend differenziert darstellten sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhten. Die Einbeziehung von Bewerbern oder von Amts wegen zu betrachtenden Beamten in eine nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffende Auswahlentscheidung könne nur versagt werden, wenn normativ geregelte Voraussetzungen, insb. zu laufbahnrechtlichen Anforderungen und zur Beförderungsreife, oder behördlich in zulässiger Weise in einem Anforderungsprofil bestimmte zwingende Anforderungen fehlten. Andernfalls müsse die Auswahlbehörde die tatsächlichen Grundlagen für einen Vergleich der Bewerber schaffen, typischerweise durch Erstellung dienstlicher Beurteilungen. Sie dürfe hingegen nicht die Einbeziehung in die Auswahlentscheidung unter Hinweis auf nicht vorhandene dienstliche Beurteilungen verweigern.
Hinweis:
Die Auswahlbehörde muss prüfen, ob für den Bewerber eine neue Regelbeurteilung zu erstellen war. Ist dies nicht der Fall, muss sie prüfen, ob die vorhandene Regelbeurteilung noch hinreichend aktuell für den aktuellen Leistungsvergleich war (zu den Maßstäben hierfür vgl. BVerwG, Urt. v. 9.5.2019 – 2 C 1.18, BVerwGE 165, 305 Rn 31 ff.). Wenn auch dies nicht der Fall ist, muss sie eine Anlassbeurteilung erstellen.