Nach § 146 Abs. 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des G-Vermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt nach der Rechtsprechung eine solche von ca. 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Teil D Nr. 1 Buchst. b S. 3,4 Anl. zu § 2 VersMedV).
Liegt eine solche Beeinträchtigung vor, so sind die schwerbehinderten Menschen nach § 145 Abs. 1 SGB IX gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr i.S.v. § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich zu befördern. Schwerbehinderte Halter eines Kraftfahrzeugs erhalten ferner eine Kfz-Steuerermäßigung von 50 %, jedoch nicht zusätzlich die unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr. Der schwerbehinderte Mensch muss somit wählen, ob er die unentgeltliche Beförderung oder die Kfz-Steuerermäßigung beansprucht.
Hinweis:
Seit April 2014 sind für die Festsetzung der Kfz-Steuer die Hauptzollämter zuständig. Die Zollverwaltung steht darüber hinaus mit vielen weiteren Kontaktstellen zur Verfügung, um wohnortnah u.a. Anträge auf Kfz-Steuervergünstigungen einreichen zu können (s. www.zoll.de ).
Das BSG hat durch Urteil vom 11.8.2015 (B 9 SB 1/14 R) entschieden, dass auch psychisch bedingte Gehstörungen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen können, auch wenn sie Anfallsleiden oder Orientierungsstörungen nicht gleichzusetzen sind. Das Gericht leitet dies aus dem umfassenden Behindertenbegriff i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX her, der im Lichte des verfassungsrechtlichen als auch unmittelbar anwendbaren UN-konventionsrechtlichen Diskriminierungsverbots (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, Art. 5 Abs. 2 UN-BRK) gebiete, alle körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen einzubeziehen. In dem zu entscheidenden Fall war die Klägerin wegen einer psychischen Behinderung durch ein Fibromyalgie-Syndrom, eine somatoforme Störung und Schmerzproblematik schwerbehindert und diese psychische Behinderung wirkte sich unmittelbar auf das Gehvermögen aus, so dass die Klägerin deswegen eine im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückliegende Wegstrecke nicht bewältigen konnte.